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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 32
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1992-02/0034
Im Jahr 1902 hatte die Fastnachtskultur in Wehr offensichtlich einen weiteren Aufschwung
genommen. Neben den bisher genannten Vereinen boten nun auch der Männerchor, der
Radfahrer-Verein und sogar der Landwirtschaftliche Konsum- und Viehversicherungs-Verein
Wehr seinen Mitgliedern und Angehörigen einen Fastnachtsball an.

Bei der Abendunterhaltung des Männerchors kamen Chorlieder. Pantomimen und Humoresken
zur Aufführung: "Rinaldini z.B. ist eine urkomische Gesangsaufführung, in deren
Verlauf sich bloß ein räuberischer Ueberfall, eine Liebesgeschichte, eine Entführung, 3
Selbstmorde und ein Doppelmord abspielen, und zum Schluß nur noch alle ermordeten
Leichen singen werden"81'. Einen originellen Einfall hatte der Radfahrer-Verein, "welcher
seine Mitglieder per Landauer zu einem Faschingsball in das Gasthaus zur 'Krone'
abholte"82).

In dieses lustige Treiben mischten sich allerdings durchaus kritische Untertöne. Sicherlich
hatte die ökonomische Entwicklung um die Jahrhundertwende der Wehrer Bevölkerung
einen gewissen Wohlstand eingebracht, Sparsamkeit war aber dennoch eine Tugend, die
hochgehalten wurde. So kritisierte der neue Herausgeber des "Wehratalers" in seinem
Resümee der Fastnacht 1902 die Geldverschwendung während der Feste und Bälle: "Den
Einen hat der Prinz Karneval zu viel Staunen verlangt und ihrer Kasse eine bedenkliche Leere
beigebracht, den anderen ihren Gesundheitszustand ein wenig in Unordnung versetzt.
Diejenigen, welche sich nicht gebeugt haben unter die Herrschaft des unsinnigen Regenten,
genießen jetzt die Frucht ihrer Selbständigkeit in ungestörter Ruhe"83).

4. Schluß

Dem Wesen der Skizze gemäß konnte hier kein Gesamtüberblick über die Wehrer Kultur
um 1900 gegeben werden. Wichtige Bereiche wurden ausgeklammert. So haben etwa die
katholischen Vereine (Gesellenverein, Jünglingsverein, Volks- und Arbeiterverein) markante
Akzente mit zahlreichen Inszenierungen im Bereich der Laien-Theaterkultur gesetzt.
Diese Vereine verfügten, wie im übrigen auch der Arbeiterbildungsverein, über Bibliotheken
. Sie organisierten zahlreiche Vorträge zu kulturhistorischen Themen, ja, man kannte
bereits die Form des Dia-Vortrags. Auch die sog. Kunst im Öffentlichen Raum war im Wehr
des Jahres 1895 ein großer Gesprächsstoff, als im Spätsommer das Kriegerdenkmal errichtet
wurde. Weiter zu vertiefen wäre auch die Rolle der Wirte bei der Etablierung des
Kulturlebens oder das Engagement der verschiedenen Bürgermeister, die sich bei der
Gründung und Entwicklung der Kulturvereine hervortaten und -wie heutzutage auch- stets
die kulturellen Belange der Gemeinde im Auge behielten.

Dennoch dürfte die Skizze trotz der thematischen und zeitlichen Einschränkungen
hinlänglich gezeigt haben, daß Wehr (damals ein Ort mit ca. 3300 Einwohnern) um die
Jahrhundertwende über ein erstaunlich vitales Kulturleben verfügte. Der kulturelle Aufschwung
unserer Zeit knüpft, wie man sehen konnte, somit an Traditionen an, die über
Jahrzehnte hinweg ihre Kontinuität bewahrt haben. Ohne sie wäre unser Leben ärmer und
kälter.

Literatur- und Quellenverzeichnis

1) M. Klär (Hg.): Das vordere Wehratal. Öflingen. Wehr und Umgebung in Geschichte und
Gegenwart. Ein Heimatbuch. Karlsruhe 1928.

2) Ebd. S. 21 ff.

3) Fridolin Jehle: Wehr. Eine Ortsgeschichte mit Beiträgen von Erich F. Hampich und Dr. Ludwig
Schnitzler. Hrsg. von der Stadt Wehr (Baden). Wehr 1969. Die von Wolfgang Klein verfaßte

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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1992-02/0034