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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 38
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1992-02/0040
Auch dieser große Gelehrte Arthur Allgeier konnte nicht, ohne die kirchliche Aberkennung
der Lehrerlaubnis zu riskieren, alles sagen, von dem er wissenschaftlich überzeugt war. Die
Studenten spürten die mißliche Lage, in der ihr Professor sich befand, häufig genug. Sorgfältig
legte er etwa bei Verfasser- und Datierungsfragen die Gründe für ein "Pro" und "Contra" dar
und schloß dann zumeist mit einem "non liquet" (= es ist nicht klar"). Damit überließ er das
Urteil der Intelligenz seiner Studenten. In den Examina war er aber so großzügig, daß er einer
logisch gut aufgebauten Argumentation selbst dann seine Anerkennung nicht versagte, wenn
er in der Vorlesung selbst zu einem anderen "Fazit" gekommen war. Den Akzent seiner
biblischen Darlegung verlegte er einerseits auf eine saubere philologische Analyse der Texte
unter besonderer Berücksichtigung der Textgeschichte und Textkritik und andererseits auf eine
meisterhafte Herausarbeitung der Konturen der "großen Gestalten der Bibel". Diese "Skizzen"
waren oft mitreißend entworfen und blieben seinen Schülern für immer im Gedächtnis. Auch
die Querverbindung in die außerbiblischen Kulturen des Alten Orients traten ins Relief und
weckten das Interesse für den religionsgeschichtlichen Kontext des Alten Testaments.

Die Seminarübungen bei Arthur Allgeier waren hochqualifizierte "Einübungen" ins bibelwissenschaftliche
Arbeiten. Die "Methodologie" war geradezu sein "Steckenpferd". Allgeiers
historischer Sensus verlor dabei die Geschichte der Bibelexegese und ihre Stellung im
Gesamtgefüge der Theologie nicht aus dem Blick. Sein Auge ruhte wohlwollend auf jener
Epoche im Hochmittelalter, als jeder akademische Lehrer, bevor er "Dogmatiker" bzw.
'S\-.tematiker" wurde, jahrelang in Vorlesungen die Hl. Schrift zu kommentieren hatte.
Allgeier trug geradezu schwer daran, daß mit der Übernahme der meisten Theologischen
Fakultäten durch die "Gesellschaft Jesu" das Studium der Hl. Schrift an Gewicht im
Hochschulunterricht gewaltig verlor. Um so mehr begrüßte er es. daß im 17. und 18.
Jahrhundert durch den Benediktinerorden eine Wende kam. Jetzt rückten exegetische und
kirchengeschichtliche Studien wieder in den Vordergrund der theologischen Bemühungen
und führten unter Kaiserin Maria Theresia zu einer Umformung der Studienordnungen in
Theologie an den staatlichen Universitäten, wie sie der Bedeutung der Hl. Schrift als "erster
Offenbarungsquelle" einigermaßen entsprach. Allgeier erkannte und machte auf vielerlei
Weise bekannt, daß in dieser Entwicklung die Fürstabtei St. Blasien im Schwarzwald -ihre
Geschichte war ihm durch seine heimatgeschichtlichen Studien sehr vertraut!- unter Fürstabt
Martin Gerbert eine zentrale Rolle spielte.

Auf dem Gebiet der Forschung suchte sich Prof. Allgeier einen Sektor aus, der nicht beengt
und bedrängt wurde durch sachlich und fachlich inkompetente Vorschriften der Päpstlichen
Bibelkommission: die biblische Textgeschichte und Textkritik. Seiner Spezialausbildung in
Latinistik entsprach vor allem die Geschichte der lateinischen Bibelübersetzungen und hier
wiederum insbesondere der altlateinischen Version. Diese sind allerdings nicht als "Editionen
" erhalten, sondern nur in größeren oder kleineren Bruchstücken und vorab in den
Zitierungen der alten Kirchenväter, freilich in vielerlei und regional unterschiedlichen
Textgestalten. Diese "Vetus Latina"* ist für das Studium der Hl. Schrift deswegen wichtig,
weil sie auf der vorchristlichen griechischen Bibel -Septuaginta genannt- beruht. Die
Septuaginta (nicht die hebräische Bibel) ist d i e Bibel der Heidenchristen geworden. Doch
ihre handschriftliche Überlieferung hat viele sehr verschiedene Lesarten. Hier können die
altlateinischen Versionen wertvolle Hinweise geben, wie die Septuaginta zu ihrer Zeit und
an ihrem Ort gelautet hat. Auch für die lateinische Sprache und Kulturgeschichte ist der
altlateinische Bibeltext von immensem Wert.

Sammelbezeichnung der nicht in die "Vulgata" aufgenommenen, meist vor Hieronymus
entstandenen lat. Bibelübersetzungen.

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