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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
54.1992, Heft 2.1992
Seite: 120
(PDF, 34 MB)
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wurden, hatten schon gezeigt, daß sicher keine Schätze vergraben sind. Im Jahre 1869 hatte
der damalige Bezirksförster aus Kandern hier oben einen Grabhügel ausgegraben.1' An Stelle
dieses Grabhügels am südlichen Sporn der Anhöhe wurde bald darauf ein Steinbruch
angelegt. Altbürgermeister Lindemann konnte dort noch Kulturreste. Scherben und Steinartefakte
beobachten und auch eine kleine Ortssammlung für Niedereggenen einrichten.
Dieses Gemeindemuseum hat die Kriegszeiten nicht überdauert und ging wohl 1945
verloren.

Der erste hauptamtliche Freiburger Archäologe GEORG KRAFT erkannte in den Zwanzigerjahren
die Gefährdung der urgeschichtlichen Fundsituation auf der Anhöhe durch den
Steinabbau. Er führte hier im Jahre 1928 die erste wissenschaftliche Grabung durch. Neben
einer kleineren Untersuchung von 1935 bei einer anderen Steingrube blieb dies die einzige
Grabung auf der "Hagschutzhöhe". Als deren Ergebnis wurden die Spuren von zwei zeitlich
getrennten Ansiedlungen der Jungsteinzeit festgestellt. Ein Kalktuffband trennte im Boden
zwei starke Kulturschichten. Diese deutliche Stratigraphie spielte in der Fachliteratur eine
wichtige Rolle als Beleg für die Abfolge der beiden am "Hagschutz" beobachteten neolithi-
schen Kulturstufen, obwohl deren Ausprägung hier viele Abweichungen aufzuweisen hatte.
Das alte, jungsteinzeitliche Geländeniveau ließ sich als eine terrassierte Fläche mit Pfostenstellungen
erkennen. Die untere und somit also frühere Schicht wurde der süddeutschen
Stichkeramik der jüngeren Rössener Kultur zugeordnet. Wegen der vielfältigen örtlichen
und vielleicht auch noch zeitlichen Differenzierungen dieser Kulturerscheinungen der
ausgehenden mittleren Jungsteinzeit und des frühen Jungneolithikums wird diese Kulturstufe
der "Hagschutz"-Höhensiedlung heute den sogenannten Kugelbechergruppen zugewiesen
, die zum Beispiel im Schweizer Mittelland durch die reichen Moorfunde der Feuchtbo-
densiedlungen mit den Pfahlbauten im "Wauwiler Moos" repräsentiert werden. (Abb. 2)

Bei den Funden der Kugelbechergruppe vom "Hagschutz" erscheinen unter den Feuersteingeräten
auch die sogenannten "Dickenbännli-Bohrer". die nach der ersten Fundstelle bei Ölten
(CH) so benannt wurden. Hierzu lassen sich auch zahlreiche neolithische Stationen im
Markgräflerland und am Hochrhein durch diese "Dickenbännli-Spitzen" anschließen. Im
Jahre 1981, dann auch 1984 in dieser Zeitschrift, war auf Verflechtungen mit der Kultur der
neu definierten "Hornstaad-Gruppe" am Bodensee hingewiesen worden. (Abb. 3) Jene
älteste Fundschicht der Feuchtbodensiedlung von Hornstaad am Untersee, welche besonders
auch durch diese "Dickenbännli-Bohrer" und deren Verwendung zum Durchbohren von
Steinperlen bei der Schmuckherstellung charakterisiert wird, kann durch die modernen,
naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden mindestens dem frühen vierten Jahrtausend
v.Chr. zugerechnet werden.2' Als Folge dieser neuen Datierungen, insbesondere der Den-
drochronologie und der 14C-Radiokarbon-Methode. kann man heute davon ausgehen, daß in
unserer Region der Anfang der Jungsteinzeit wohl nahezu ein Jahrtausend früher liegt, als man
dies bisher glaubte. Die frühneolithische Kultur der Linearbandkeramik fällt somit bereits in
das fünfte Jahrtausend v.Chr.

Grubeneinfüllungen der etwas späteren Michelsberger Kultur zeigten sich in der Stratigraphie
der "Hagschutz"-Grabung in der jüngeren Schicht oberhalb des Kalktuffbandes. Deren
Benennung erfolgte nach der Höhensiedlung auf dem Michelsberg bei Bruchsal-Untergrombach
in Nordbaden. Im Jungneolithikum, d.h. der späteren Jungsteinzeit Südwestdeutschlands
, ist sie mit ihren lokalen Sonderformen eine vorherrschende Kultur. Die Gefäßform
eines Tulpenbechers und der flache, sogenannte Backteller gehören als besondere Merkmale
zu den Leitformen der Michelsbergkeramik. Aber gerade der Tulpenbecher ist hier kaum
vertreten und wird durch flachbodige Becherformen in lokaler Sonderausbildung, die fast
Michelsberger Regel ist. verdrängt. Die Backteller liefern am "Hagschutz" den Hinweis für
Michelsberg. (Abb. 4)

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