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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 1.1993
Seite: 28
(PDF, 29 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-01/0030
Am 31. März 1756 war anscheinend noch nichts geregelt, und die Großkembser beklagten
sich neuerdings, daß die Blansinger und Kleinkemser am 29. d.M.. "bei Regenwetter, als die
Kembser Bannwarthe nicht draußen waren." auf den beiden obengenannten Inseln eine
übeiterritoriale Großoperation durchführten.

Blindlings wurde Holz gefällt für Brennmaterial. Gartenzäune, Rebpfähle. Weiden als
Stecklinge und Rebbänder. Bei der Schadensaufnahme zählte Inspektor Schirmer nicht
weniger als 1260 Baumstümpfe, worauf er sogleich zwei Mann nach dem "Badischen"
beorderte, wo sie gleich auf der rechtsrheinischen Insel "Niederwörth" eine Unmenge frisch
gesteckter Weiden fanden sowie in den Dörfern auffallend viele neue Gartenzäune!...

Angesichts des Ausmaßes der Schäden ließ es diesmal die französische Verwaltung nicht auf
sich beruhen, und Blansingen sowie Kleinkems wurden durch das Rötteler Oberamt und die
"Frevelschreiberei" zu 50 Taler Strafe verurteilt.

Was die Grenzkommission anbelangt, so war sie auch anfangs 1757. trotz dem Beistand des
Basler Professors Schoepflin. zu keinem konkreten Ergebnis gekommen. Wohl aus dem ganz
einfachen Grund, daß weiterhin ein jeder zuerst seinen Vorteil suchte. Inspektor Schirmer.
sonst ein vornehmer Kembser Bürger und Mitglied der Kommission, machte anscheinend
keine Ausnahme!.. In einem Schreiben vom 19. April 1757 an den französischen königlichen
Rat Gayot in Straßburg meinte Geheimrat von Uxküll, des Inspektors Projekt einer diagonalen
Trasse übers "Eselgrün" sei sehr nachteilig und unannehmbar für die Blansinger und Kleinkemser.
schriebe es doch den Großkembsem nicht nur die 2/3 der Inselfläche, sondern auch noch alte
badische Besitzungen jenseits des Rheines zu! Gayot beschwichtigte schleunigst die Geister
und beteuerte, daß man sich an eine 1755 von seinem Vorgänger gezogene Linie halten würde.

Für den "kleinen Mann", hüben wie drüben, war dies wohl alles nur Theorie, und solange
nichts Greifbares geschah, so lange trieb es ihn wie eh und je auf die Inseln, ins "Grün".

Alles war eben brauchbar, und versorgen mußte man sich da, wo es etwas gab. So begaben
sich im ausgehenden Winter 1760 die Kleinkemser Martin Meerstetter. Daniel Hügin und
andere mehr ins Kembser Revier, um junge Gerten von den Weidenbäumen zu schneiden -
50 000 an der Zahl - und sie in den benachbarten Weinorten als Rebbänder zu verkaufen. Der
elsässische Protest war einmal mehr umsonst.

Desgleichen war auch zur Sommerszeit immer etwas los auf den Inseln, und im selben Jahr
beklagt sich der Kembser Meyer Jakob Schirmer in einem Brief an Hofrat J. Süß. dieselben
Meerstetter und Hügin hätten den Kembsern an die 150 "Schöchlein" Heu gestohlen und nachts
zum Stabhalter gebracht. Als die Kembser bei demselben vorsprachen, um in Blansingen und
Kleinkems nachsuchen zu dürfen, wurden sie kurzerhand abgewiesen und als Schelme
bezeichnet, mitsamt der ganzen Großkembser Gemeinschaft.

Ermutigt gingen die Kleinkemser wenig später selbst nochmals ans Mähen mit Sensen und
Sicheln - es waren auch Frauen dabei und der Stabhalter an der Spitze -. da erschien plötzlich
Inspektor Schirmer auf der Bildfläche mit drei Kembser Bannwarten. Alles floh in die
Weidlinge, doch Georg Dentzer und seine Mutter wurden gestellt. Als Schirmer Anstalten
machte. Dentzer im Weidling ans elsässische Ufer zu bringen, kamen die Kleinkemser
entschlossen zurück und verlangten seine Freilassung, "sonst würde ein Unglück geschehen".
Schirmer gab den Gefangenen frei mit der Bemerkung: "Den Stabhalter als Anführer dieser
Aktion anzutreffen, genügt mir."

Großkembs und Kleinkems. die feindlichen Brüder, waren in einer aussichtslos verzw ickten
Lage. Kleinkems - von Blansingen abhängig, mit wenig Ackerland und Viehweiden - hatte die
Insel bitter nötig, doch die Elsässer klammerten sich hartnäckig an ihre Territorien und
womöglich noch darüber hinaus. Doch "Not macht erfinderisch", und die Markgräfler. denen
am Ende doch die Geduld ausging mit den ewigen Grenzstreitigkeiten, machten sich eines
Tages daran, das Problem auf eigene Art zu lösen..

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