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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 1.1994
Seite: 82
(PDF, 32 MB)
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Johann Peter Hebel in unserer Zeit

Paul F. Wagner

Johann Peter Hebel war ein berühmter Mann. Schon zu seinen Lebzeiten. Bei nicht
wenigen Menschen ist er's noch jetzt. Zu Recht. Er hat einen Band Mundartgedichte
geschrieben, die Goethe später ausführlich besprochen, gelobt und mehrfach erwähnt
hat. Später folgten an die zweihundert Kalendergeschichten, darunter so tief- und
hintersinnige wie "Kannitverstan". "Der geheilte Patient", "Die Wachtel" und viele
andere. Mit diesen Geschichten ist Hebel in Deutschland und über Deutschland
hinaus bis nach Japan bekannt geworden. Es sind gescheite, witzige, ernste, unterhaltsame
und auch nachdenkliche Geschichten. Ein guter Teil ist mit einem "Merke!"
versehen, das heißt: Laß dir den Ausgang als Warnung dienen, paß auf, wenn dich
einer übers Ohr hauen will. Manchmal bedeutet es auch: Wollte Gott, du würdest dich
in einer ähnlichen Sache ebenso klug, anständig oder großmütig verhalten.

Ob Hebels Geschichten Menschen besser gemacht haben, steht auf einem anderen
Blatt. Voltaire, vom Nutzen sittlicher Ermahnungen nicht überzeugt, sagte: Wir
werden die Welt eines Tages ebenso dumm und böse zurücklassen, wie wir sie bei
unserer Geburt vorgefunden haben.

Auf die Welt im Ganzen gesehen wird das zutreffen. Da oder dort haben, das darf
als sicher angenommen werden, Hebels Kalendergeschichten bei ihren Lesern jedoch
manches bewirkt und genützt. Vielleicht weniger der moralischen Grundsätze wegen
als wie der Leser darin angesprochen wird. Das Ansprechen seiner Leser aber hat
Hebel verstanden wie kaum ein Dichter oder Schriftsteller vor und nach ihm. Wenn
es dazu auf eine so natürlich-menschliche und anschauliche Weise geschieht, daß sich
der Leser in eine Geschichte einbezogen sieht, dann wird er sich bei dieser oder jener
Gelegenheit auch erinnern und eine schlechte Sache bleiben lassen oder eine gute tun.

Wer mehr von Hebel weiß, kennt ihn vielleicht als Rektor des Karlsruher Gymnasiums
oder als den obersten Kirchenmann des Großherzogtums Baden. Für ihn wird
dann Hebels Verdienst um den Realienunterricht oder den Ausgleich zwischen den
verschiedenen Glaubensrichtungen - katholisch, evangelisch und reformiert - von
besonderer Bedeutung sein.

Wir Menschen von heute haben Hebel als Dichter, als Rektor und als obersten
Kirchenmann Badens vor Augen wie er, ehrenvoll erhoben, auf dem Denkmal im
Hebelpark in Lörrach zu sehen ist: losgelöst von der Erde und zwei Meter über dem
Boden, dem Boden unseres Alltags, in dem wir leben. Er steht so hoch, daß Männer
und Frauen, noch mehr aber Kinder, nur zu ihm hinaufsehen können. Der Dichter ist
der Zeit und den Menschen entrückt; sie bleiben unten, sind Untertanen, die zu einem
Großen der Welt hinaufsehen. Das ist freilich bei fast allen Denkmälern so.

Es ist ein feierlicher Hebel, der dort steht. Einer, den Professoren, Stadtväter und
Lehrer da hinaufgestellt haben. Und wie wir ihn hier als erzgegossene Gestalt auf dem
Podest sehen, so haben sie ihn auch geistig und menschlich auf ein Podest gestellt,

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