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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
57.1995, Heft 2.1995
Seite: 129
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1995-02/0131
Neben der Problematik der Datierung und Technik muß man auch im Auge
behalten, daß es sich bei Textilien um Gebrauchsgegenstände handelte. Diese sind
stärker dem Verschleiß ausgesetzt, so daß wohl nur die kostbarsten Stücke, die
geschont worden sind, erhalten blieben.

Das älteste datierbare Stück aus Europa, das als gestrickt gilt, dürfte aus dem
späten zweiten Jahrhundert, aus Holland, stammen. Doch die tatsächliche Herstellungstechnik
wird wohl wegen des schlechten Erhaltungszustandes nicht mehr zu
erfahren sein.

Als Ursprungsland kommt Europa kaum in Frage. Es gibt verschiedene Hypothesen
, wie das Stricken in Europa eingeführt wurde. Vermutlich kam es aus den
östlichen Regionen über Handelsbeziehungen nach Italien oder durch koptische
Missionare über Spanien und Italien nach Nordeuropa. Rutt mutmaßt, daß sich das
Stricken aus der Technik des "nalbinding", vermutlich in Ägypten, entwickelt
hat6'.

Die Sprachen geben uns ebenfalls keine sicheren Hinweise über das Alter. So
finden wir bis ins Mittelalter und die Renaissance kein eindeutiges Wort für Strik-
ken. Wir wissen nicht, ob altenglisch "cnyttan/to cnotta" unser Stricken meint.
Häufig gab es nur ein Wort für verschiedene Tecliniken, wie Weben, Knüpfen und
Stricken. In der deutschen Sprache setzt der "gemeinsprachliche Gebrauch des
Wortes" Stricken im Mittelhochdeutschen ein und steigerte sich seit dem 16. Jahrhundert
erheblich. Lange Zeit hatte "Stricken" noch verschiedene andere Bedeutungen
wie "Binden" und "Knüpfen"7).

Erst vom Mittelalter an ist das Stricken gesichert nachzuweisen. Die frühesten
noch erhaltenen und als gesichert geltenden Strickfunde sind nicht vor dem 12.
Jahrhundert anzusetzen. Es handelt sich um Socken aus dem islamischen Ägypten.
Ein eventuell früher zu datierender Fund aus dem 9. Jahrhundert ist verlorengegangen
. Aus der Schweiz sind für das 12./13. Jahrhundert Strümpfe aus weißem
Leinengarn bezeugt. Und aus dem 14. Jahrhundert sind kostbare Seidenstrümpfe,
gestrickte Reliquienbeutel und Börsen aus der Nordwestschweiz belegt. Auf dem
bekannten Buxtehuder Altar von 1390 hat Meister Bertram die strickende Maria
auf dem Seitenflügel abgebildet. Interessant ist. daß Maria hier auf vier Nadeln an
einem Jesushemd strickt. Das Stricken auf vier Nadeln, wie auch die zuvor erwähnten
qualitativ hochwertigen Funde werden kaum der Anfang der Strickkunst
gewesen sein.

Gestrickte Kleidungsstücke breiteten sich jedoch nur langsam aus. In Gegenden,
in denen das Weben in kleinen wie in großen Bevölkerungszentren ausgedehnt
war, in denen Strümpfe gewöhnlich aus Stoff zugeschnitten wurden und Hüte aus
Stoff und Filz genäht waren, kann der Bedarf an gestrickter Kleidung nicht groß
gewesen sein. Die meisten Beinlinge waren bis ins 16. Jahrhundert hinein noch
von Hosenschneidern zugeschnitten und genäht. Erst ab der zweiten Hälfte des 16.
Jahrhunderts wurden sie verstärkt gestrickt. Sie ersetzten aber nicht völlig die aus
Tuch oder Leinen gewebten zugeschnittenen Strümpfe, welche noch 1744 in Zed-
lers Universallexikon erwähnt werden8'.

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