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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 1.1996
Seite: 95
(PDF, 30 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1996-01/0097
Jennen sehe ich leider jetzt wenig: sein Rathaus geht mächtig vorwärts und nimmt
ihn in Anspruch. Die Gegner seines Planes (mit Turm) erhoben neulich ein großes
.Das kommt davon', als ihm ein Arbeiter vom Turmgerüste stürzte." Einige Erzähl-
motive finden sich in diesen knappen Sätzen wieder: die Freundschaft Niklas-Veit
(=Jennen-Hesse). die konkrete Arbeit am Rathausbau. das große Engagement Ni-
klasV Jennens und die öffentliche politisch-moralische Auseinandersetzung um die
Erweiterungspläne. So kann diese Briefstelle als Keimzelle der Rathaus-Erzählung
angesehen und deren Entstehung auch früher (also 1901/2) datiert werden.

Eine Notiz Hesses vom 5. Februar 1901 ist für unsere kleine Untersuchung
ebenfalls von großer Bedeutung: ..Übrigens ward ich in Basel bald geselliger und
nahm am Leben teil. Dankbarst muß ich das Wackernagefsche Haus nennen, wo
nicht nur eine liebe Familie, sondern ein Kreis von interessanten, tüchtigen Männern
mich aufnahm (v. Haller. Wölfflin. Joel. Bernoulli. Jennen. Burger. Balmer,
Dr. Gessler etc.). Zugleich brachte mich das Zusammenwohnen mit dem lieben
Künstler Jennen. dem Erbauer des Rathauses, schnell in engste persönliche Fühlung
mit der bildenden Kunst, die seither wichtig für mein Leben ward." Zum
einen wird hier erneut auf den großen Einfluß Jennens hingewiesen - nicht nur auf
Hesses Rathaus-Erzählung, sondern auf dessen grundsätzliches Interesse an der
bildenden Kunst. Zum anderen erwähnt Hesse hier zum ersten Mal den Kunstmaler
Wilhelm Balmer. Dieser - 1865 in Basel geborene - Künstler war während des
Rathausbaus vor allem für den figürlichen Teil der Fassadenmalerei zuständig.121
1899 lernte Hesse ihn im Hause Wackernagels persönlich kennen. Auch von Balmer
kann Hesse also .,Insider"-Informationen über die künstlerische Gestaltung
des Rathauses erhalten haben. 13' In der Februar-Notiz von 1901 hebt Hesse außerdem
seine neue Geselligkeit hervor und ist glücklich, in Basel einen ..Kreis von
interessanten, tüchtigen Männern" gefunden zu haben.

Bereits in Tübingen und dann in Kirchheim a.d. Teck war für Hesses Entwicklung
der Freundeskreis „petit cenacle" von großer Bedeutung. 141 Auch Ludwig
Finckh. der 1876 in Reutlingen geborene Arzt und Schriftsteller, gehörte diesem
Kreis an. In seinen Dichtungen und Briefen nannte Hesse seinen Freund ..Ugel" -
so auch in der Rathaus-Erzählung. 151 Die „Gesellschaft von Jünglingen" (52) ist
also - biographisch gesehen - eine Reminiszenz an den großen alten Freundeskreis
und zugleich Hinweis auf den neuen, großen Einfluß des Wackernagelschen Hauses
. Die Bedeutung des Basler Staatsarchivars Dr. Rudolf Wackernasel 161 für
Hermann Hesse reicht bis in dessen Kindheit zurück. Sie ist bisher für die Entstehung
der Rathaus-Erzählung zu wenig berücksichtigt worden. Bereits knapp zwei
Wochen nach seinem Umzug nach Basel schrieb Hesse an seine Eltern: ..Heute
vormittag nach der Kirche besuchte ich Dr. Wackernagel im Brunngäßlein. fand
ihn sehr lieb und interessant. Er läßt Papa sehr grüßen." Einen Monat später: ..Wie
lieb und wertvoll mir dieses Haus schon geworden ist. kann ich ja nicht sagen."
Und im Dezember 1899: ..Bei Archivars bin ich indessen sehr heimisch geworden
und mache längst keine Besuche im Frack mehr dort. In diesem Haus ist alles
Gastlichkeit. Wohlwollen und Interesse." Schließlich wurden die Abende bei

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