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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 1.1996
Seite: 139
(PDF, 30 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1996-01/0141
Schmieds von Mondwies im Hotzenwald. Weil das Holz, aus dem einst seine Wiege
geschnitzt worden ist, vom Hohenkrähen stammt, ist etwas vom Eigensinn und der
Rachsucht des Hohenkrähener Burggeistes Poppele in das Kind gefahren und bestimmt
sein Wesen. Zugleich aber auch zeichnet ihn diese geheimnisvolle Verbindung aus: Er
kann den Poppele erlösen von seiner wilden Geisterei, kann ihm die ewige Ruhe
verschärfen. Eine Zigeunergroßmutter wittert dahinter das Geschäft ihres Lebens. Ist der
Geist erlöst, so wird sein Schatz greifbar. Also entführt sie den kleinen Rüpel kurzerhand,
just in dem Moment, als er sich ohnehin nicht ungern einer wieder einmal angesetzten
väterlichen Strafe entziehen will. Mit Hilfe von Schuhwichse und dem neuen Namen
..Simi" macht sie ihn zum Zigeunerkind und legt ihn als Köder aus. Aber im Poppele
steckt mehr Moral, als es sich die eigentlich auch nicht durch und durch unmoralische
Zigeunerin Mindel erträumen kann. ..Oft belohnte er die Guten und bestrafte die Bösen".
Sein Handel mit ..Simi" soll ihnen beiden zum Guten gereichen. Wenn es der kleine
Trotzkopf schafft, ein ganzes Jahr lang seinen eigenen Willen zurückzustellen, zu tun.
was die anderen sagen, die ganze heldenhafte Tat im Verborgenen zu vollbringen und
überdies noch Tagebuch zu führen über alle ..wichtigen und lehrreichen Vorkommnisse
", die ihm bei seiner Reise übers Land und bei seinen fleißigen Schulbesuchen
widerfahren würden. ..dann hätte Poppele seinen Frieden gefunden und der Simi dürfte
als einfacher Hotzenwälder Schmiedledick zurück zu seiner Familie".

Inspiriert von Selma Lagerlöfs ..Nils Holgersson" beschreibt die Autorin eine
ereignis- und lehrreiche Reise durch die badische Geographie. Ökonomie. Kultur,
durch Sagen und Anekdoten zu Menschen und Typen. Am Ende ist der Poppele erlöst,
aber auch Simi geläutert, von seinen ziellosen Aggressionen befreit, und der durchtriebenen
Zigeunergroßmutter wurde ein Denkzettel verpaßt. Vor allem aber sehen
sich kleine und große Leser um einen ganzen Schatz von landeskundlichen Informationen
und vielen herrlichen Heimatsagen bereichert. Der pädagogische Impuls ist
offensichtlich und erzeugt doch in keiner Zeile Unmut oder Ablehnung. Die erzählerische
Grundhaltung wird bestimmt von einer gesunden Lebenszuversicht. Jede
Erwähnung sozialkritischer Aspekte, ganz besonders die problematische Randexistenz
des fahrenden Volkes zwischen Mißtrauen und Bewunderung, geschieht aus der
Perspektive bodenständiger Realitätsverbundenheit. Die Zigeuner werden ..Bettler.
Landstreicher" genannt, ihre Scharlatanerie deutlich als solche bezeichnet. Aber die
Erzählerin spart auch nicht mit einfühlsamen Erklärungen: „...wenn man so wie sie
von der Gnade der Mitmenschen abhängt, wäre es bitter, keine Zuflucht zu wissen",
und Hinweisen auf ihre uralte, schicksalhafte Andersartigkeit:"... wir sind die Steine
des Weges, auf uns tritt das Pferd, der Ochs und der Mensch". So bleibt das
Unrechtsbewußtsein im Rahmen gesellschaftlich anerkannter Normen, sicherlich
auch, um die jugendlichen Leser nicht zu überfordern, aber es fehlt durchaus nicht an
anteilnehmender Klarsicht im Bezug auf mögliche Verbesserungen. ..Einen Pfennig
nur im Jahr für das Waisenhaus in Lahr", ruft eine Schar von Waisen aus dem Fenster
der ..Lohrer Kaffeemühle", und der Lehrer läßt die Schulkinder eindrucksvoll
gradlinig ausrechnen, daß 2 200 000 badische Einwohner jedes Jahr auf diese Weise
eine Summe von 22 000 Mark für das Waisenhaus zur Verfügung stellen könnten.

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