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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
59.1997, Heft 1.1997
Seite: 123
(PDF, 28 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1997-01/0125
Die Ernährungssituation in Lörrach 1945 - 1949

Andrea - S. Vegh

Zwei Aussagen von Zeitzeuginnen seien meinem Bericht über die Nahrungsmittelsituation
in Lörrach nach dem Krieg vorausgestellt:

„Daß ein Hund gegessen worden sein soll, das ist unglaublich, am Verhungern
war niemand, die Leute waren damals gesünder als heute."

..Die ganze Zeit verwendeten wir zum Durchkommen."

Und weiter erzählte die damals 19jährige Textilarbeiterin, daß sie und ihre Familie
..glücklich" waren, wenn sie nach mühevoller Zubereitung Essen hatten, um
ihren größten Hunger zu stillen. „Man war damals zufriedener" ist ein Satz, den
nicht nur diese interv iewte Lörracherin im nachhinein sagte. u

Wir wissen, wie es sich anfühlt, nach einer langen Wanderung, nach sportlicher
Betätigung oder einer körperlichen Anstrengung wie zum Beispiel Holzhacken
und Aufschichten von Holz hungrig die ersten Bissen zu essen. Das schmeckt und
macht einfach zufrieden. Wieviel intensiver muß das Gefühl in der Nachkriegszeit
gewesen sein. Die Nahrungsbeschaffung war meist mit stundenlangen Fußmärschen
, mit dem Schleppen von schweren Säcken und Taschen und dem Ziehen des
bekannten Rolli. des Wägelchens der Firma Kaltenbach, verbunden. Dazu kam oft
eine leidvolle Aufregung. Es war nicht abzusehen, ob es gelingen würde, die
gesamten Nahrungsmittel nach Hause zu bringen, ohne daß ein Soldat oder ein
Grenzbeamter sie einem wieder wegnahm.

Als die Soldaten der französischen Besatzungsarmee am 24. April 1945 in Lörrach
einmarschierten, fanden sie eine Stadt mit beinahe intakter Häuserstruktur
vor. Die Lörracher Bevölkerung hatte, wie auch in anderen von Landwirtschaft
geprägten Orten, während der nationalsozialistischen Herrschaft nicht mit lebensbedrohlichem
Hunger zu kämpfen gehabt. Zudem konnten die auf den Lebensmittelkarten
angegebenen Nahrungsmittel tatsächlich eingetauscht werden. Diese Situation
änderte sich schlagartig, als außer der Bevölkerung des Landkreises Lörrach
Flüchtlinge aus dem Norden. „Kriegsgefangene, politische Gefangene. Rückwanderer
und Fremdarbeiter bis zu 500 Personen" :' und vor allem französische
Soldaten mit ihren Familien ernährt werden mußten. Dazu kamen in großem Umfang
Lebensmittellieferungen an das benachbarte Frankreich. Es wurden zwar
noch Lebensmittelkarten ausgegeben, die angegebenen Nahrungsmittel waren jedoch
während der schlimmsten Hungerzeit, das waren die Jahre 1945 bis 1947,
entweder nur in geringeren Mengen oder gar nicht vorhanden.

Pro Tag gab es im Herbst 1945 pro Kopf „100 Gramm Brot. 100 Gramm Fleisch
und 35 Gramm Butter". Ein dreißigjähriger Ehemann und Vater zweier Kleinkinder
, nach 1945 ein arbeitslos gewordener Heimkehrer, erzählt heute: „Es war
manchmal traurig für die Kinder, für unsere ganze Familie. Insgesamt waren wir

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