http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-01/0120
„Reise in dem Reiche der Liebe"
Johann Peter Hebels Gedicht zu einer „Phantasie-Landkarte"
von Wilhelm Haas „Sohn" (1790)
Renate Reimann
Der Titel dieses Gedichts läßt aufhorchen: hat Johann Peter Hebel 1790, also
mit 30 Jahren, tatsächlich ein Liebesgedicht oder, vorsichtiger ausgedrückt, ein
Gedicht über das „Reich der Liebe" geschrieben und veröffentlicht, noch dazu in
Hochdeutsch ?
Diese Verse seien ..bisher so gut wie unbekannt geblieben", bemerkte Wilhelm
Zentner 1972. als er sie in den 3. Band der Gesamtausgabe von Hebels Werken
unter die „hochdeutschen Gedichte" aufnahm. Sie sind 13 Jahre vor den „Alemannischen
Gedichten" entstanden, zur Zeit als Hebel in Lörrach Präzeptoratsvikar
war. und sind nicht Hebels einzige Dichtung in hochdeutscher Sprache: neben
kleineren Gedichten enthält dieser dritte Band auch die 1792-93 entstandenen
Verse „Ekstase"", die ebenfalls in der Literatur über Hebel wenig Beachtung
fanden.
Bekannt wurde von den hochdeutschen Gedichten wohl nur das „Neujahrslied"
von 1808: „Mit der Freude zieht der Schmerz traulich durch die Zeiten", das Felix
Mendelssohn-Bartholdy 1844 vertonte.
Die „Reise in dem Reiche der Liebe" verfaßte Hebel zu einer „Phantasie-Landkarte
, die Wilhelm Haas der Jüngere, Basel, 1790. mit typographischem Satzmaterial
druckte"2'.
Bereits 1810 erwähnte Gottlieb Heinrich Heinse in einem Reisebericht, daß
„Herr Kirchenrath Hebel...die Gedanken des mit dem Chärtchen ausgegebenen
Breitkopfschen Textes in Verse brachte"3>. Was es mit dem Namen „Breitkopf'
auf sich hat, werden wir noch sehen.
Im folgenden betrachten wir zunächst Form und Inhalt des Gedichts:
„Reise in dem Reiche der Liebe"
Die Verse bestehen aus fünf „Jamben" pro Zeile, das sind rhythmische Einheiten
aus Senkung und Hebung. Diese im 18. Jh. beliebte Versform nennt man
„Blankvers".
Die Namen der Länder, Orte, Flüsse, Berge sowie verschiedener psychologischer
Begriffe im Gedicht stammen nicht von Hebel, sondern von der genannten
„Phantasie-Landkarte".
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