http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-02/0028
10. Marienerscheinung als Gegenpol
Der besonders nach 1871 in Deutschland und der Schweiz geführte Kulturkampf
setzte die katholische Kirche stark unter Druck. Dadurch und wegen der
direkten Begegnung mit der Pilgermission St. Chrischona hat sich in Inzlingen
eine wahre Volksbewegung entwickelt, welche dem Druck entsprechend aus der
Defensive herauskommen wollte und während Monaten eine katholische Manifestation
vollzog. Ein großer Teil der Inzlinger Bevölkerung glaubte damals an
Marienerscheinungen in ihrem Dorf. Ohne den Kulturkampf wären diese angeblichen
Erscheinungen nicht mit Staatsgewalt unterbunden worden.
Diese Gegenbewegung zum Kulturkampf, die als dörfliche Verteidigungsstellung
gegen die Bedrohung der eigenen Religion verstanden werden kann, führte
im Winterhalbjahr 1872/73 in Inzlingen zu einer in religiöser Hinsicht unruhigeren
Zeit als dies während der Reformation der Fall war. Im Oktober 1872 wurde der
großherzoglich-badischen Gendarmerie in Lörrach bekannt, daß die Tochter des
Hauptschullehrers jeden Tag mit Kindern in die Kirche gehe. Es schlössen sich
Erwachsene an. Und selbst, als die Kirche am Abend geschlossen wurde, hat man
vor der Kirche weitergebetet.
<3>rt:
Abb. 3: Die religiösen Schw indeleien durch Abhaltung von Betstunden der Gemeinde Inzlingen
betr. (Erscheinen der Jungfrau Maria) 1872/73
Generallandesarchiv Karlsruhe 361
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