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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 76
(PDF, 36 MB)
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Hierarchen" angefeindet, denn die Pfarrer würden bekanntlich als Gottes Wort
jene Wahrheiten verkündigen, die die Revolutionäre nicht hören wollen. Die Revolution
hasse Bibel und Kirche, deswegen eben auch die Pfarrer. Auch wenn die
Vorwürfe unberechtist seien, wolle er doch nachdenken, wo Pfarrer Anlaß für die
Kritik hätten geben können. Er empfiehlt seinen Amtsbrüdern, an den Seelen zu
arbeiten. ..nicht blos auf der Kanzel, sondern ebenso sehr auch im Gebetskämmerlein
"24'. Dieser württembergische Pfarrer geht in der Kritik an seinen Kollegen
sogar noch weiter, indem er in einer recht verbreiteten Schrift festhielt: ..An der
Revolution in Baden hat die meiste Schuld das Beamtenthum und das Pastorat,
das letzte am meisten: wie oft konnte man die Herren auf den Kegelbahnen sehen,
statt in ihrem Beruf.""

Im Streit zwischen Revolutionären und Monarchisten wird immer wieder greifbar
, daß beide Seiten analoge Argumente verwenden, die sehr oft aus dem religiösen
Bereich stammen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Vorstellungen
des Satans. Damit wurde der jeweilige Gegner in Verbindung gebracht. Oder man
versuchte, die eigene Ideologie mit dem Gedanken einer göttlichen Idee zu untermauern
. Das konnte dann auf der einen Seite bedeuten, daß Freiheit. Gleichheit
und Brüderlichkeit als göttliche Forderungen beschrieben wurden. Auf der anderen
Seite verteidigte man Fürstenstaat und Ständeordnung als der Schöpfungsord^
nung Gottes entsprechend. An sich sind diese argumentativen und sprachlichen
Berührungen keineswegs erstaunlich, schöpften doch Revolutionäre und Pfarrer
aus gleichen Töpfen der Bildung. Und in der Bildung des frühen 19. Jahrhunderts
besaß die religiöse Unterweisung einen zentralen Stellenwert und prägte Denken
und Sprache. Die Konsequenzen dieser Schulung freilich konnten weit auseinandergehen
.

Die beiden letzten antirepublikanischen Gruppen, denen sich Neff in seiner
Schrift „Die Männer der That und ihre Gegner" zuwandte, sind die Alten und die
Offiziere. In der Auseinandersetzung mit den Alten wird ersichtlich, daß es hier
auch um einen Generationenkonflikt geht. Denn „das Alter ist nie für die Republik
, wie die feurige Jugend. In der Freiheit, in der Republik ist Bewegung und
Leben. Das Alter aber wünscht vor Allem Ruhe.":t" Neff rechnet erbarmungslos
mit dem zögerlichen und ablehnenden Verhalten der Älteren ab und wirft ihnen
vor. sie seien „mattherzige Spießbürger": „Das Gewürm, das am Boden kriecht,
wagt es noch über unsern Hecker zu schelten und den großen Struve. den ersten
Republikaner in Deutschland als einen russischen Spion zu denunziren. während
das Volk ihnen dient, sie liebt, sie auf Händen trägt."27'

In seinen Ausführungen über die antirevolutionären Alten wird Neffs Bewunderung
speziell für Gustav Struve, aber auch - freilich in zurückhaltender Weise - für
Friedrich Hecker, ersichtlich. Neffs Beschreibungen erinnern an Heiligenlegenden
und tönen zeitweilig wie Hagiographie. Kein Mensch habe in Deutschland bisher
so viel für die Republik getan wie Struve. Dieser ist für Neff die Seele der neuen
republikanischen Bewegung, und es sei kein „zweiter Mann in Deutschland politisch
groß wie Struve". Denn er wisse mit der größten Geschicklichkeit alle Kräfte

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