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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 96
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-02/0098
Zwischenzeitlich wurde Schellenberg zu einem Verhör ins Bezirksamt zitiert.
Dort schilderte man ihm die erhobenen Anschuldigungen, verwies auf die problematischen
Textstellen seiner Predigt und verlangte eine Erklärung, die protokolliert
wurde.371 Die Erklärung Schellenbergs lautet: ..Die Predigt nach dem Texte :
Lasset euer Leben für eure Brüder habe ich am 1. Juni d. J. geschrieben und
Sonntags, den 3. Juni dahier gehalten. Meine Absicht war nicht für, sondern gegen
die Bewegung zu sprechen, und unter dem Terrorismus, der damals herrschte,
konnte ich meine Predigtwahl nicht anders faßen. wenn ich nicht etwa wollte
verhaftet werden. Daß ich aber wirklich gegen die Bewegung gesprochen habe,
das geht insbesondere und bestimmt aus jenem Theil der Predigt hervor, wo ich
von dem Kampfe in unserm eigenen Vaterland zu reden beginne, und mit dem
Spruche endige, daß Gott alles herrlich hinausführen wird... Ich habe diese Predigt
vorher dem Herrn Kirchenrath vorgelesen und von ihm sein Gutachten eingeholt,
und derselbe war der Meinung, gerade die nämliche Stelle die ich bezeichnet habe
hinwegzulaßen. um mich nicht der Gefahr der Verhaftung von Seiten der provisorischen
Regierung auszusetzen. Ich wurde auch von hiesigen radikalen, wegen
dieser Predigt heftig angegriffen, weil ich gegen die Bewegung gesprochen habe.
Ich bin durchaus nicht für diesen Kampf gewesen, und habe mich selbst schon in
bürgerlichen Lesezimmern offen ausgesprochen, daß ich für Deutschland keine
Republik will. Es war dieses bei der Generalversammlung am 1. Juni. Ich bin
bereit mehrere Zeugen hierfür zu stellen.

Was die Betstunde Samstags den 23. Juni anbelangt so war solche gleichsam
kommandirt, sie wurde verlangt, und ich als Vikarius mußte natürlich mit dem
Herrn Kirchenrath darüber sprechen. Dieser äußerte sich dahin, daß da nichts zu
machen sein werde, und daß wenn diese Leute ein religiöses Bedrängnis treibet,
man nachgeben müße. Auch in dieser gesprochenen Rede habe ich die Wehrmannschaften
auf das Mißliche dieses Kampfes aufmerksam gemacht und sie
keineswegs zum Kampf für die Freiheit aufgefordert.

Ich bin von jeher gegen jede gewaltsame Umstürzung gegen jede gewaltsame
Revolution gewesen und insbesondere gegen die Einrichtung der Republik zumal
auch das Parlament die Verfassung bestimmt hat. Man wird sich erinnern, daß ich
bei der Schilderhebung Heckers bei öffentlicher Gemeindeversammlung gegen
den Hecker gesprochen habe. Ich übergebe hier meine Predigt zu den Akten,
welche ich am 1. Oktober nach dem Struveschen Aufstand gehalten habe. In
dieser Predigt sind Gesinnungen gegen die Revolution ausgesprochen, und meine
Gesinnungen sind jetzt noch die nemlichen."

Wie unsicher Schellenberg bei der Vorbereitung der Predigt in diesen unruhigen
Tagen gewesen war. zeigt seine Rücksprache mit Kirchenrat Hitzig. Dieses Predigtgespräch
dürfte über das zwischen Mentor und Vikar übliche hinausgegangen
sein und sich vor allem um die Frage des Politischen in der Rede gehandelt haben.
Dabei versuchte der Mentor, seinem Vikar Wege aufzuzeigen, wie er in der Predigt
alles Politische vermeiden könne. Hitzig riet ihm, die provokanten Stellen zu
streichen, um nicht den Zorn der provisorischen Regierung auf sich zu ziehen.

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