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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 98
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-02/0100
Zwei Tage später wurden die Lörracher Lehrer Spohn und Schaud zu Schellen-
berss Rede am l. Juni vor der Lesegesellschaft befragt. Auch anläßlich dieser
Zusammenkunft habe sich Schellenberg sehr vorsichtig gegen die aufständische
Bewegung ausgesprochen und das Aussenden von Emissären in die Nachbarländer
zur Ausbreitung der revolutionären Propaganda kritisiert, erklärten die beiden
Lehrer. Mit Blick auf die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen badischen
und hessischen Truppen am 30. Mai 1849 äußerte er sein Unbehagen, da
dies ein ganz ungleicher Kampf sei.

Schließlich mußte sich noch Hitzig äußern. Der Dekan versuchte, seinen Vikar
in Schutz zu nehmen, und betonte dessen ehrenhaften und sittlichen Charakter. Er
lobte ihn ferner als Prediger und Seelsorger. Bezüglich der Predigt am 3. Juni aber
beanstandete Hitzig die Fehleinschätzung der Situation durch Schellenberg. Es sei
sein Fehler gewesen, in diesen Zeiten eine politische Predigt zu halten, weil es
leicht zu Mißverständnissen kommen konnte. Schellenberg, so betonte Hitzig,
habe nämlich gegen die gewaltsamen Bewegungen gesprochen, doch sei das so
nicht verstanden worden: ..Vikar Schellenberg mußte erfahren, wie schwer es in
einer solchen Zeit sey. auf dem richtigen Wege sich zu verhalten und allen Mis-
deutungen auszuweichen, wenn man im theologischen individuellen Ansichten
und Idealen folgt."42'

Anhand dieser Aktenlage und nach der Lektüre der verdächtigen Predigten fertigte
das Großherzogliche Bezirksamt Lörrach am 23. August 1849 einen Bericht
„Das Verhalten des Stadtvikars Schellenberg dahier. während der letzten Revolutionen
'* betreffend an. Darin wird wiederum die Freundschaft zu Wagner festgehalten
und der Vorwurf erhoben: ..In der am 3. Juni gehaltenen Predigt ist Vikar
Schellenberg offenbar zu weit gegangen, sie ist eine reine Tendenzpredigt, eine
Predigt lediglich vom demokratischen Standpunkt aus gehalten.'" Als Seelsorger
müsse er aber, so forderte das Bezirksamt, auch wenn er der Partei des „entschiedenen
Fortschritts" angehöre, die Politik von der Kanzel lassen und sich um seine
eigentliche Aufgabe, die Auslegung der biblischen Texte, bemühen.43' Die Behörde
markierte die bedenklichen Passagen der Predigt und gab den Fall samt den
dazugehörigen Akten an den Oberkirchenrat in Karlsruhe weiter.441

Der Evangelische Oberkirchenrat beschäftigte sich mit dem Fall und fertigte ein
undatiertes „InformationsprotokoH" an. Unter Bezugnahme auf die vorliegenden
Akten bilanzierte die Kirchenleitung: „Aus dem Ganzen geht hervor, daß Sch..
wenn er auch nicht direct Antheil nahm an den aufrührerischen Bewegungen,
wenn er sogar sein Misfallen daran öffentlich ausspricht, doch in einer politischen
Richtung befangen ist. die, an sich schon verkehrt, deshalb schädlich wirkt, weil er
sie in seinen Vorträgen geltend macht. Man sieht, daß er in Lörrach in Verbindungen
steht, aus denen er sich nicht mehr wohl losmachen kann. Daher es für ihn wie
für Lörrach gleich nothwendig und zweckmäßig ist, wenn er sobald als möglich
von da entfernt wird."45'

Aufgrund dieses Votums wurde Schellenberg 1850 an die Bürgerschule nach
Buchen im Odenwald versetzt. Die Gründe dieser Versetzung sind offensichtlich.

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