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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 124
(PDF, 36 MB)
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und entschuldigte sich nachträglich: Er habe sich nicht hinbegeben können, weil er
die Einladung zu spät erhalten habe. Sonderbarerweise teilte er dies seinem Korrespondenten
nicht wie sonst auf deutsch mit. sondern auf französisch und obendrein
sehr knapp gehalten:

26.11.1930

Mon eher Katz.

J'ai recu votre lettre beaueoup trop tard (hier!) et je regrette infiniment de
n'avoir pas pu assister ä la Premiere ä Mulhouse.

Toujours ä vous Burte

(Mein lieber Katz. Ich habe Ihren Brief viel zu spät erhalten (gestern!) und ich
bedauere unendlich, daß ich an Ihrer Premiere in Mülhausen nicht teilnehmen
konnte. Immer Ihr Burte)

So lautete das Abschlußschreiben des ersten Briefwechsels der beiden befreundeten
alemannischen Mundartdichter. Hierauf versiegte die Feder beiderseits für
lange Zeit.

Es ist anzunehmen, daß der plötzliche Abbruch des Briefwechsels auch mit
jenem Vorfall zusammenhing, der von Alfred Ruppe (Mülhausen), einem treuen
Jünger von Nathan Katz. an einem Hebelbundabend am 28. August 1987 in Lörrach
erwähnt und etwas später von ihm wie folgt schriftlich fixiert wurde: „Hermann
Burte war nicht nur ein Freund von Nathan Katz. Nathan Katz verehrte
Burte. und die beiden Dichter begegneten sich in Lörrach. Eines Tages gab Hermann
Burte Nathan Katz bei einem Besuch in Lörrach höflich zu verstehen, daß es
ihm (Burte) fortan unmöglich sei, Nathan Katz in Lörrach oder sonstwo zu treffen.
Es entstand ein Dialog, vor allem über Weltanschauung, in dem Nathan Katz sein
Recht als Jude verteidigte - kein böser Dialog, eher ein gewisser Meinungsaustausch
. Nathan ging. Nach einigen Schritten draußen, rief Burte Nathan Katz zu,
anzuhalten, ging ihm entgegen und sagte reumütig und freundschaftlich: „Lieber
Freund, die Freundschaft soll weiter bestehen! Er könne kommen, wann er auch
wolle. Und daran hielt sich Katz: Überall und all die Kriegsjahre hindurch hatte
er Burtes Anschrift auf sich, in einem Fächlein seiner Brieftasche gut verwahrt,
mit der Überzeugung, daß sein alter Freund, der alemannische Dichter aus Südbaden
- obgleich er sich vom nationalsozialistischen Regime auf kulturellem Gebiet
hatte einspannen lassen - ihm, dem elsässischen Juden, helfen würde, falls er
in Schwierigkeiten geraten sollte."

Diese Gewißheit veranlaßte Nathan Katz. sich bereits nach der Besetzung des
Elsasses durch deutsche Truppen im Sommer 1940 hilfesuchend an Burte zu
wenden, und zwar in dem langen schon erwähnten Brief, der zugleich die Tragik
des bangenden, sich verfolgt wähnenden Juden und den festen Glauben an die
Freundschaft außerhalb jeglicher Doktrin und Religion erschütternd zum Ausdruck
bringt.

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