Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 142
(PDF, 36 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-02/0144
die Farbe der Umgebung reflektieren: die nach oben gerichteten Flächen erscheinen
dann blau wie der Himmel, die nach unten gerichteten färben sich grün wie
der Wiesengrund; untergehende Sonne läßt die Skulpturen golden aufleuchten,
und durch die unterschiedlichen Schrägstellungen der Flächen ergeben sich feinste
Nuancierungen der Färb- oder Grauwerte. Diese verschieben sich bei der Veränderung
des Standpunkts bei der Betrachtung und wecken dadurch einen Eindruck
der Beweglichkeit des feststehenden Objekts.

Das zweite Phänomen dieser Skulpturen ist für mich die räumliche Ausstrahlung
, die nicht an den Spitzen der sphärischen Dreiecksformen endet, sondern
darüber hinausweist. Längst ist es unsere Erfahrung, daß unser Raum, weit über
das Faßbare hinaus, von Strahlen erfüllt ist. die wir nur zum geringsten Teil sehen
können, mit Hilfe technischer Einrichtungen jedoch empfangen und selber auch
aussenden können. Mich hat schon als Schüler beeindruckt, daß zwei parallel
gezeichnete Linien auf meinem Zeichenblock sich per Definition der Parallelen im
Unendlichen treffen. Wie kommen sie von meinem Zeichenblock dorthin? Aber
sie kommen dorthin, sonst wären sie ja keine Parallelen. Der Geometrie haftet
somit auch etwas Magisches an. das sich der Berechnung entzieht.

Ähnlich empfinde ich eine Magie in den spitz in den Raum hinaufweisenden
Formen dieser Skulpturen. Sie erscheinen mir ambivalent: sie senden Signale in
divergierende Richtungen, wie wenn sie den unendlichen Raum über uns ausloten
wollten. Aber ebenso empfangen sie Signale aus dem Raum, vielleicht Echos ihrer
Aussendungen und bündeln diese Strahlen wieder zum Raumknoten der Skulptur,
die hier vor uns steht. Ein Prozeß des ständigen Sendens und Empfangens, der den
Aufstellungsort zu einem Zentrum der Raumerfahrung werden läßt.

So kann man das Erlebnis dieser Skulpturen beliebig und subjektiv weiterspinnen
, aber vergessen wir darüber nicht das Kunstwerk, das vor uns steht. Das
Wesen einer solchen Skulptur besteht in ihrer komplexen Fügung, und man wird
ihr als Betrachter nur dann gerecht werden, wenn man erkennt, wie alles Einzelne
im Dienst der Gesamtwirkung steht und im Hinblick auf das Ganze erfunden ist.

142


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-02/0144