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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 167
(PDF, 36 MB)
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dieselbe in einer schönen rosafarbenen Schachtel, und das nächste Neugeborene in
der Familie wurde damit beschert. So wußte sie sich Freunde zu machen und
Liebe zu üben mit kleinen Mitteln, und sie. die weder Haushalt noch Kind, noch
große Gaben besaß, war doch wie eine liebevolle teilnehmende Großmutter für

viele."21'

Gerade in den höheren Kreisen war man jedoch stolz darauf, daß die Dame des
Hauses nicht wirklich arbeiten mußte. Entsprechend sollte die Frau mit ihrer
Handarbeit eine .Augenweide" sein. So fordert es beispielsweise der Hausherr in
Henrik Ibsens ..Nora oder ein Puppenheim", daß die Freundin seiner Frau die
Handarbeit durch eine zierlich aussehende Stickarbeit ersetzen soll: ..Wissen Sie
was. Sie sollten lieber sticken.... Weil es viel hübscher aussieht. Sehen Sie nur:
man hält die Stickerei mit der linken Hand, so - und mit der rechten führt man die
Nadel - so in leichtem, langgestrecktem Bogen: nicht wahr - ? ... Das Stricken
hingegen. - das kann nur unschön sein. Sehen Sie her: die zusammengeklemmten
Arme. - die Stricknadeln, die auf und ab fahren. - das hat so was Chinesisches an
sich. -"221

Sicher nicht zufällig kamen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts Weiß- und
Perlstrickarbeiten auf. So wurden beispielsweise zierliche Babyhäubchen mit Perlen
in Biedermeiermotiven gearbeitet.

Zierhandarbeiten waren überdies für die eigenen vier Wände wichtig. Die berufliche
Position des Mannes wurde ja im 19. Jahrhundert an den privaten Verhältnissen
gemessen. Es galt also, sich mit Festen standesgemäß zu repräsentieren, indem
man den privaten Salon, als den schönsten und größten Raum der Wohnung, der
Öffentlichkeit zugänglich machte. An dessen kostbarer Ausstattung sollte sich der

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Reichtum der Familie erkennen lassen. Viele aus den mittleren und unteren bürgerlichen
Schichten konnten sich jedoch die kostspieligen Schmuckstücke nicht
leisten. So mußten die Zierkissen, bunten Deckchen, umstrickten Flaschenhüllen
und Lampenschirme eben selbst angefertigt werden - heimlich.

Neben dem wohlhabenden Stand des Bürgertums nahm mit fortschreitender
Industrialisierung in den Städten des 19. Jahrhunderts auch die Schicht der Proletarier
zu. Diese griffen oft zu den Stricknadeln oder der Nähnadel. Für die gewöhnlichen
, im Haushalt anfallenden Handarbeiten hatte Richard Blank in seinem
..Vollständigen Haushaltungsunterricht...für Arbeiterfrauen" sogar einen bestimmten
Tag vorgesehen. Er schlägt folgende Aufteilung vor: Montags waschen, am
Dienstag bleichen, am Mittwoch nähen und flicken, am Donnerstag bügeln, am
Freitag stricken oder stopfen und am Samstag einkaufen und putzen. B)

Wichtig waren Handarbeiten zum einen, weil es sich nur wenige Arbeiterfamilien
leisten konnten, ihre Kleidungsstücke zu kaufen. Zum anderen stellten Handarbeiten
auch hier - wie das hausindustrielle Stricken auf dem Land (S. ..Stricken"
1. Teil in: ..Das Markgräflerland" 2/1995. S. 126 - 138) - eine Einnahmequelle
dar. Manche Frauen aus der Arbeiterschicht, v or allem Mütter kleiner Kinder, die
noch nicht außer Haus einer Erwerbstätigkeit nachgehen konnten, führten Handarbeiten
in Heimarbeit aus. Hier wurde oft auf Zeit gearbeitet. Dies erfuhr ich

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