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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 194
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nis. Von den künstlerischen Strömungen seiner Zeit - er wuchs in die anbrechende
Moderne hinein - schlug sich weder in seinen Themen noch in seiner Malweise
etwas nieder, und so kreisten seine Bilder um wenige Sujets, in erster Linie Landschaften
, Stilleben, Architekturbilder, Idyllen, Allegorische Darstellungen und Historienszenen
, wobei die Motive sich oft wiederholten.

Das war sicher auch eine Frage der Technik, wie seine Zeichnungen verraten:
Sie dienten ihm nicht der Erkundung des Gegenstands, der Aneignung von Formen
, der behutsamen und korrigierbaren Annäherung, sondern waren lediglich
Vorlagen für die Umsetzung an die Wand, die Kulisse oder die Leinwand. Seine
Bleistiftskizzen bezeugen die Tücken der Formen und Perspektiven: nicht selten
kippen die Dächer von den Häusern, weil die Fluchtpunkte falsch gelegt sind.

Die Gesichter sind häufig falsch proportioniert und die Körper steif, unbesorgt
um Anatomie, Haltung und Mimik. Aey tat gut daran, in seinen Bildern zumeist
auf Menschendarstellungen zu verzichten: leer waren ja auch seine Kulissen von
Beginn an, nur dazu bestimmt, dem Publikum den Hintergrund für die Schauspieler
vorzumachen, die in ihnen agierten. So weisen auch Aeys menschenleere Bilder
auf seine Anfänge als Kulissenmaler. Als Abhilfe für Porträts fand er später
allerdings ein Mittel: er übermalte große Fotografien dünn lasiert mit Ölfarben.
Mit Hilfe dieser damals avantgardistischen Mischtechnik gestaltete Erich Aey
etwa ein Selbstporträt und das Porträt von Bahnhofswirt Gustav Herrmann; erst
Jahrzehnte später machten sie Künstler wie Andy Warhol und Arnulf Rainer weltweit
populär.

Was will uns der Künstler sagen? Diese beliebte Lehrer-Frage verfehlt Aeys
Bilder, denn sie beziehen sich weder auf den Künstler, die Kunst, noch auf die
Zeit, in der sie entstanden. Wir erfahren aus ihnen nichts über den Menschen Erich
Aey, nichts aus der Sicht eines Künstlers über achtzig Jahre Geschichte, deren
Zeitgenosse er war, nichts über die Veränderung der Wahrnehmung, die die Technisierung
und Entpersönlichung der Lebensverhältnisse zu seiner Zeit bewirkte.
Erich Aeys Bilder sind ohne Mühe zu erfassen, denn sie entraten jener Aura, die
das Kunstwerk fern und nah zugleich erscheinen läßt. Sie enthalten nicht jenen
unauflöslichen Restgehalt an Bedeutung, der alle Kunst auszeichnet, der sich der
Analyse als resistent erweist und sich unter jedem neuen Blick verwandelt. Die
Leinwand ist hier zum Nullmedium kollabiert und entzieht sich damit allen Interpretationsversuchen
.

Gleichzeitig erhellen die Gemälde jedoch den von den Entwicklungen der Gegenwartskunst
unbeeinflußten Publikumsgeschmack der ersten Jahrhunderthälfte,
der an ein Kunstwerk nur die Bedingung stellt, daß es Vertrautes erkennbar abbilde
. Ihn konnte Aey bedienen, weil er nicht die Kunst des 20. Jahrhunderts weiterentwickeln
, sondern seine Bilder verkaufen wollte. Sein Repertoire bezieht sich
auf die Maler der Vergangenheit, die Stilformen, die vom 17. bis ins 19. Jahrhundert
geschmacksbildend waren.

So kopierte er gelegentlich Werke seiner Vorbilder, etwa von Carl Spitzweg, an
dessen biedermeierlichen Szenerien sich schon die Ikonographie seiner und seines

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