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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
64.2002, Heft 2.2002
Seite: 85
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2002-02/0087
ßen Laborantenhaus der Tuchfabrik in der Teichstraße (Nr.69 ff.). Die Fassaden
der Beichenstraße zeigen beispielhaft, wie Architekten noch um 1900. also am
Ende des historisierenden Bauens, sich in ganz unterschiedlicher und sehr ungebundener
Weise der unerschöpflichen Quelle Renaissance bedienten.

Allerlei Gotisches an ungotischen Häusern

Es sind in unserer näheren und weiteren Umgebung eine ganze Anzahl spätgotischer
Wohnbauten erhalten, an denen sich die Neugotiker des 19. Jahrhunderts
hätten orientieren können. Fenstergruppen oder ganze Fensterbänder, immer mit
gekehlten Gewänden und Pfosten. Staffelgiebel, polygonale Treppentürme, Mauerstreben
am Erdgeschoss - solche Elemente charakterisieren unsere Häuser in der
Übergangszeit zwischen Mittelalter und Neuzeit.

Aber die historisierenden Architekten in unserer Stadt - und anderswo - kümmerten
sich darum wenig. Sie errichteten Wohnbauten, die den Bedürfnissen der
Zeit gerecht wurden, und verzierten sie mit gotischen Formen, ohne in der Regel
den Ehrgeiz zu haben, den Charakter der echten gotischen Bauten der Region zu
treffen. Für die Entscheidung, bestimmte Häuser neugotisch, andere renaissancis-
tisch zu gestalten, gab es bei unseren Lörracher Bauherrn und Architekten normalerweise
keine tiefere Begründung. Dass Gotik zeitweise als „deutsch" oder
„christlich" galt, spielte bei unseren Lörracher Bauten offensichtlich keine Rolle.

Der eigenartigste neugotische Bau ist das Wohnhaus Luisenstraße 35 von
1901.111 Es war ein im damaligen Verständnis durchaus moderner Bau. da bei ihm
das Prinzip des „Bauens von innen nach außen" so konsequent durchgeführt wurde
, dass praktisch jedes Fenster anders dimensioniert und fast jede Bemühung um
Symmetrie oder eine andere Regelmäßigkeit aufgegeben ist. Mit dieser Modernität
kontrastiert die Applikation verschiedenster Formen aus dem gotischen Fundus,
vom Vorhangbogen bis zum englischen drip mould der Tudorzeit, von den Kreuzstockfenstern
bis zum Maßwerk. Trotz all dem hat der aus einem in der Flucht der
Straße liegenden und einem zurückgesetzten Teil bestehende Bau mit dem, was
uns die Gotik hinterlassen hat, reichlich wenig zu tun. So fallen die ungotischen
Details wie die Rund- und Segmentbogen einiger Fenster nun auch nicht ins
Gewicht. Der Architekt, der unmittelbar neben den Neurenaissancebau der Löwenapotheke
1905 ein in seiner Gesamterscheinung durchaus harmonisches Bürgerhaus
errichtete, hatte - wie die Architekten des Historismus allgemein - keinerlei
Ambitionen, sich dem Nachbarbau anzupassen. Er baute neugotisch, und zwar
- in der Absicht, Neuartiges zu schaffen - ohne jeden Bezug auf echte gotische
Stadthäuser in unserer Gegend, in ziemlicher Freiheit, was den Umgang mit dem
gotischen Formenschatz angeht. Die traditionelle Traufständigkeit wurde ignoriert
, der Staffelgiebel nur angedeutet bzw. durch eine jugendstilnahe, sanft geschweifte
Giebelkontur ersetzt. Bei den Fenstern waltet die Fantasie recht frei und
die dekorativ verwendeten Schlaudern sind ganz Jugendstil. Allerlei Gotisches
entdecken wir am Kaufhaus Turm, aber seinem Wesen nach ist auch dieser Bau

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