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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
64.2002, Heft 2.2002
Seite: 92
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2002-02/0094
„Moderne" Architektur um 1900 in Lörrach

Schon damals sprach man von ..moderner" Architektur; der Begriff kam also
nicht erst mit der klassischen „Bauhaus-Moderne" in Gebrauch. Architekturzeitschriften
nannten sich z.B. ..Moderne Bauformen" oder im Untertitel .Zeitschrift
für moderne Baukunst"2". Modern war damals zunächst alles, was sich von der
„korrekten" Neostilarchitektur zu lösen versuchte. Das konnten Bauten sein, die
wohl noch auf alte Stilformen zurückgriffen. diese aber irgendwie „weiterentwickelten
". Beispiele haben wir schon oben kennen gelernt mit dem „modernisierten
" Barock, der „ungotischen" Neugotik und der verdünnten Renaissance der
Wohnhäuser an der äußeren Beichenstraße. Auch auf das Haus der Buchhandlung
Maurath von 1901, Ecke Turm-/Baslerstraße. sei hier hingewiesen, bei dem von
den Pilastern des Schaufenstergeschosses bis zum Kielbogendekor und zur baro-
ckisierenden Erkerhaube mancherlei Historisches verwertet wurde, bei dem man
aber keine Zuordnung mehr zu einer als Vorbild dienenden Stilepoche vornehmen
kann. Die eklektizistische Stilvermischung galt noch eine Zeit lang als modern.
Bei solchen Bauten wurde damals die Freiheit des Umgangs mit den alten Formen
gelobt. Der Bahnhof von 1907-10 ist ein Beispiel, wie man damals mit dem Blick
zurück (wenn man von den untergeordneten Jugendstildetails absieht) Neuartiges
zu schaffen suchte.221 Der konservative Architekt zeigte sich sichtlich unbeeindruckt
von den damals als führend angesehenen Karlsruher Architekten wie Hermann
Billing. dem Büro Curjel und Moser (Basel. Badischer Bahnhof. 1910-13)
oder A. Stürzenacker (Bahnhof Karlsruhe, 1913).

Aber schließlich geriet in den frühen Jahren des neuen Jahrhunderts die ganze
bisher gepflegte Neostilarchitektur in Misskredit. Man ließ sich vor allem durch
Schultze-Naumburgs23' viel beachtete „Kulturarbeiten"24' überzeugen, dass nur
das Anknüpfen an die schlichte, gute alte deutsche Baukunst vor der als verlogen
und repräsentationswütig verurteilten Neostilzeit zur Genesung führen könne. Die
Zeit des Klassizismus, gerade auch die Biedermeierzeit, selbst die späte Barockzeit
mit den schlichteren Bauten auf dem Lande wurden als Inspirationsquelle
empfohlen. Paul Mebes' zwei Bildbände von 1908 trugen als Titel den Namen
dieser Bewegung: „Um 1800"25'. Man war überzeugt, dass für die Wohnbedürfnisse
der Gegenwart das Bauen der Goethezeit nichts an Aktualität eingebüßt
hatte. Modern war an dieser rückwärts gewandten Erneuerungsbewegung - aus
heutiger Sicht - nur der Wille zur Schlichtheit. Sachlichkeit, Zweckmäßigkeit.
Viele Bauten des frühen 20. Jahrhunderts sind in Lörrach mehr oder weniger von
dieser auf unprätentiöse „Ehrlichkeit" drängende, zum Teil einer romantisierenden
Volksnähe huldigenden Strömung beeinflusst. ohne dass man bei uns vor dem
Ersten Weltkrieg konsequent die heimische Architektur der Zeit um 1800, also
auch den Weinbrennerstil, wieder belebt hätte. Diese Konsequenz zog man erst
später zwischen den Weltkriegen. Beim Bau des Finanzamtes (1923/24) in der
Luisenstraße ist der Rückgriff auf den Weinbrennerstil nicht zu übersehen.26' Eine
ähnliche Klassizität zeigt das große Wohnhaus in derselben Straße Nr. 9, in der

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