Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
64.2002, Heft 2.2002
Seite: 94
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2002-02/0096
Beim Haus Nr. 15 gleicht (funktionsbedingt) kein Fenster dem anderen. Beim
Haus Nr. 11 werden nicht einmal mehr durchgängige Fensterachsen beachtet.
Haus Nr. 17 besitzt neben Rundbogenfenstern ganz unbekümmert platzierte kleine
, quadratische Fenster. Man kann von außen ablesen, welcher Art die so belichteten
Räume sein müssen. Auch bei den anderen Fassaden herrscht die ausbalancierte
Unregelmäßigkeit vor. Symmetrische Lösungen sind nur dort zu sehen, wo
sie von „innen" her begründet sind.

Die vier bemerkenswerterweise jeweils ganz individuell gestalteten Wohnhäuser8
'von 1911 bilden - himmelweit entfernt dem schon damals heraufdämmernden
Ideal der Typisierung und Serienfertigung - eine überaus malerische
Gebäudegruppe. Sie lagen damals am Stadtrand im Grünen, in Nachbarschaft zu
bereits existierenden, sich mit ihrer Holzarchitektur schon etwas ländlich gebenden
Arbeiterhäusern von 1891 und zum ..Landgut" der Favres mit seiner eleganten
französischen Villa. Eine Gartenstadt (wie etwa die Eisenbahnersiedlung in Weil
am Rhein) ist diese „Suchard-Kolonie** natürlich nicht geworden; aber der damals
mit großen reformerischen Hoffnungen verbundene Gartenstadtgedanke spielte
dennoch beim Bau auch dieser Werkswohnungen eine Rolle.

Bemerkenswert an dieser Vorkriegsarchitektur ist, dass sie nicht nur rein praktischen
Bedürfnissen entgegenkam, sondern gewissermaßen eine bürgerliche Psychologie
der Wohnlichkeit, die in scharfem Kontrast zum Utilitarismus späterer
Jahre steht, konkretisierte. Gemütlichkeit, Behaglichkeit. Wohnlichkeit waren die
Schlüsselbegriffe. Solche Wohnbauten sind „Musterbeispiele organisch umbauter
Lebensvorgänge*" - wie es W. Nerdinger einmal formulierte.29' Einladende Hauseingänge
machen schon das Heimkehren zu einem angenehmen Erlebnis. Die weit
herabgezogenen Krüppel- oder Halbwalmdächer geben das Gefühl der Geborgenheit
, Erker laden zum ungestörten Sitzen mit dem Blick aufs Draußen ein, der
Blick und der Lichteinfall durch unterschiedlich geformte Fenster wirkt sich auf
die Befindlichkeit der Bewohner jeweils unterschiedlich aus usw.

Solche Qualitäten teilen die besprochenen Werkswohnungen mit den zeitgenössischen
„Landhäusern" betuchter Kreise, bei denen die Bedürfnisse eines kultivierten
und naturverbundenen Bauherrn in individuell gestalteten, behaglichen
Bauten zum Ausdruck kamen, in Bauten, die - anders als die bislang geschätzten
historistischen Villen - nicht (vorrangig) der Repräsentation dienen sollten.30' Das
Ideal kam aus England. Vor allem Hermann Muthesius (1861-1927) verdanken
wir die Propagierung dieser Landhausarchitektur in Deutschland. Am Hünerberg-
weg sind solche der Landhausbewegung verpflichtete Häuser zu sehen, allen voran
die „Villa Elben" (Abb. 15), aber auch die Häuser Nr. 7 und 9 (Abb. 16). Der
Einfluss ist beispielsweise auch erkennbar bei Häusern der Humboldtstraße. Dort
unterstreichen beim Haus Nr. 7 sogar Fachwerk und Verschindelung des Giebels
den Landhauscharakter. Nr. 16 hat sich ebenfalls vom Ideal der historisierenden
Stilvilla gelöst, auch das Forstamt tendiert trotz seiner Neostilformen in diese
Richtung.

94


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2002-02/0096