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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
66.2004, Heft 1.2004
Seite: 56
(PDF, 26 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2004-01/0058
Bis an die Grenze der Belastbarkeit: Friedel Neuhaus
Familiärer Hintergrund

Ab August 1939 tauchte zunehmend ein neuer Name in den Standesamtsregistern
bei den Geburtsanzeigen auf: Dr. Friedel Neuhaus. Sie war am 18. Oktober
1907 in Buer in Westfalen, Kreis Recklinghausen, als erstes von insgesamt fünf
Kindern des Amtsrichters Dr. Adolf Neuhaus und seiner Ehefrau Irmela, Dolmetscherin
, geboren worden. Von Ostern 1913 bis Weihnachten 1914 besuchte sie das
katholische Lyzeum in Berlin-Charlottenburg. Dann fiel ihr Vater 1914 bei Verdun
und die Mutter zog mit den fünf kleinen Kindern nach Dortmund in das Haus ihrer
Schwiegermutter Agnes Neuhaus.

Agnes Neuhaus geb. Morsbach (1854-1944) war eine außergewöhnliche Frau
und selbst stark geprägt von ihrem überaus streng-katholischen Elternhaus. Ihr
Vater. Dr. Adolph Morsbach, war Sanitätsrat. Ihre Mutter Florentine betätigte sich
trotz neun eigener Kinder in ehrenamtlicher „caritativer Liebestätigkeit'". Zu ihren
herausragenden Aktivitäten zählten die Gründung der ersten „Kinderhäuser" in
Dortmund, als Vorstufe für die späteren Kindergärten, und einer Ausbildungsstätte
für Kindergärtnerinnen.57'

Ihre älteste Tochter Agnes führte nach der Heirat mit Adolf Neuhaus zunächst
das übliche Leben als Hausfrau und Mutter von drei Kindern. Mit 45 Jahren

- sie war inzwischen Witwe und die Kinder erwachsen - änderte ein Schlüsselerlebnis
ihren weiteren Lebenslauf. Im Rahmen der Betreuung einer an Syphilis
erkrankten Frau kam sie erstmals mit den Schicksalen minderjähriger „gefallener
" Mädchen, unehelicher Mütter und geschlechtskranker junger Frauen in
Berührung. Dies wurde zum Auslöser für ein sozial-wohltätiges Engagement
von überragendem Ausmaß. Einerseits von ihrer tiefreligiösen Einstellung her
mit einem gewissen Sendungsbewusstsein ausgestattet, andererseits aber von der

- heute unverändert aktuellen - weltlichen Einsicht beseelt, dass es Armuts- und
Notsituationen gibt, von denen Frauen besonders betroffen sind, schritt Agnes
Neuhaus zur Tat. Dies endete nicht vor der privaten Haustür. Sie nahm obdachlose
Mädchen, uneheliche Mütter und selbst ausstiegswillige Prostituierte in ihr
eigenes Haus auf.

Das Lebenswerk dieser Frau angemessen zu würdigen, würde den Rahmen
dieses Aufsatzes bei weitem überschreiten. Das wurde in umfangreicher Literatur
bereits geleistet.58' Ich beschränke mich deshalb auf die Nennung einzelner Höhepunkte
.

Dazu gehört die 1900 erfolgte Gründung des „Vereins zum Guten Hirten". 1903
in ..Katholischer Fürsorgeverein für Mädchen, Frauen und Kinder" umbenannt, der
sich im heutigen „Sozialdienst Katholischer Frauen e.V." erhalten hat. Auch politisch
erhob sie ihre Stimme als Fürsorgeexpertin. Sie vertrat die Zentrumspartei
als Abgeordnete in der Nationalversammlung (1919) und im Deutschen Reichstag
(1920-1930). wo sie beispielsweise Einfluss auf die Verabschiedung des 1924 in

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