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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
66.2004, Heft 1.2004
Seite: 143
(PDF, 26 MB)
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sich im nächsten Zyklus fest - „zu ebener Erde, zwischen Geräten und Möbeln,
stand die tonnenschwere Presse".

Doch mit der neuen Umgebung wurden die Voraussetzungen für seine Arbeit
noch nicht besser. Freunde aus den Freiburger Tagen, die er aus den Jazzkellern
und von der Akademie her kannte, trudelten ein. ..lokale Genies mit Freundinnen
oder Frauen, der Dichter aus Basel, die Löwenjäger und Trinker und die Liebhaber
pittoresker Sorglosigkeit". Ein bohemisches Personal, wie von Meckel selbst
erfunden, doch mit gewaltigen Tücken: es ließ den Graphiker ..mit dem Hausmacher
-Charme provinzieller Ideen" in Fragen der Kunst allein und lähmte seine
Kräfte.

Gleichwohl ging Meckel damals der Bau seiner ..Weltkomödie" auf, festigte sich
nach dem Modell eines frühen Schauspiels über den Turmbau zu Babel, das als
Text nicht zu retten war. sich jedoch als Struktur seines graphischen Projekts als
brauchbar erwies: „In mehreren Sommem festigte sich der Plan. Ich baute die Formen
der Komödie aus. radierte einzelne Blätter und kleine Serien und stellte die
ersten Triptychen her. Ich skizzierte Zusammenhang und Architektur (...). An dieser
Systematik hielt ich fest. Sie lag von nun an dem Bau des Massivs zugrunde".

Sieben im Markgräflerland verbrachte Sommer - das könnte nach Vollendung
klingen, hieß aber in diesem Fall nur. dass es genug war. Länger zu bleiben hätte
für Meckel bedeutet, sich der Gewöhnung an eine gefährliche Lebensweise auszuliefern
, an deren Ende das Eintrocknen des Künstlerischen drohte. Nicht zufällig
findet sich die landschaftliche Schönheit des Markgräflerlandes in Meckels
Reminiszenz eng den leerlaufenden Diskussionen über Kunst gegenübergestellt.
Wie schön war im badischen Süden der Herbst! ..Mischwälder. Fuchsfeuerröte,
verstreutes Laub. Apfelgärten im Nebel und Pappeln im Wind. Prasselnde Nüsse
im Oktober. Die Hausflure dufteten nach Obst und Most. An warmen Vormittagen
verdampfte Tau. Im Fenster gärte der rote Johannisbeerwein. Die Weinernte brachte
das ganze Land außer Atem". Doch wenn Meckel von seinem Epos, von der
..Weltkomödie" sprach, stieß er auf „lässig geäußerte Arroganz. Eine Frage wurde
nicht gestellt. Der professionelle Künstler schien irritiert, der gewöhnliche Kunstliebhaber
sah ratlos aus".

..Nach sieben Jahren", so liest man deshalb am Ende des Ötlinger Kapitels.
..gab ich die Gegend auf. Ich hatte die süddeutsche Landschaft zu Ende gelebt. So
konnte das alles immer weitergehn: der Wein, der Herbst, die Freundschaften und
die Künste - eine schöne Stagnation, ein geselliger Frieden, der die Zeitgeschichte
zu neutralisieren schien".

Nahezu zwanzig Jahre, nachdem er dem Markgräflerland den Rücken gekehrt
hatte, um „in Frankreich den geeigneten Ort zu suchen", publizierte Meckel das
schmale Heft ..Die Kirschbäume", das sieben Gedichte auf die Ötlinger Zeit enthält
: als stünde ihre Zahl in geheimer Korrespondenz mit den hier verbrachten Jahren
. Sie schienen ihm. wie der Autor in einem Nachwort sagt, wie vergessen; sie
lagen ..in Zettelphilipps unschätzbaren Kästen" und er ..fand sie wieder an einem
beliebigen Tag, im südlichen Frühjahr aus Weißdornblüte und Sturm, vielleicht aus

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