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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
66.2004, Heft 2.2004
Seite: 72
(PDF, 28 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2004-02/0074
Zum Hamstern von Kartoffeln oder Obst benötigte man irgendeinen Karren. Ein
geeignetes leichtes Gefährt wurde zwar von der Firma Kaltenbach in Lörrach unter
dem Namen „Kaltenbach Rolli" hergestellt. Der riesigen Nachfrage wegen bestanden
jedoch lange Wartezeiten. Es blieb also nur die Selbsthilfe mit einer Eigenkonstruktion
( Abb. 9 - 11). die dann durch Gummi bereifte Räder gegenüber dem
Kaltenbach-Rolli mit kleppernden Eisenrädern komfortabler ausfiel. Achsen und
Räder stammen von den Resten eines Kinderwagens, den ich im Wald vorfand.
Die Latten des Aufbaues wurden zum größten Teil mit einer Fuchsschwanzsäge
aus Brettern gesägt, die von der Ladepritsche eines zerstörten Raupenschleppers
der Wehrmacht stammten. Dieser befand sich auf einem Waldweg nahe der Möbelfabrik
Vollmer, an der Straße nach Malsburg.

Für die Befestigung der Deichsel (Hackenstiel) wurde ein kugelgelagertes Gelenkteil
der Höhenrudersteuerung der B-17G verwendet (Abb. 10). Alle Blechteile
(Kantenschutz) und Schrauben stammen ebenfalls von dem Flugzeug. Um bei
schwerer Beladung auf schlechter Straße das Abreißen des Hinterachsenaufbaus
zu verhindern, war eine Stabilisierung mittels Spanndraht erforderlich (Abb. 11).
Hierzu wurde ein Stück Draht benötigt, das nirgends vorhanden war. Dazu erschien
mir PVC-ummanteltes amerikanisches Telefonkabel bestens geeignet. Das
musste. wie man damals sagte. ..organisiert" werden. Ganze Bündel solcher Kabel
liefen bei der französischen Kommandantur in Kandern (gegenüber dem ..Gasthaus
Ochsen") zusammen. Also machte ich mich nachts um 200 Uhr auf und schnitt das
benötigte Stück ab. Zum Schluss fand ein Nachbar das Gefährt der verschiedenen
Holzfarben wegen recht scheckig. Er spendierte mir graublauen Tarnlack aus den
Beständen der deutschen Luftwaffe, mit dem der Rolli gestrichen wurde.

Mit dem fertiggestellten Rolli wurden auch Flugzeugteile von den Stückbäumen
abgefahren. Hamsterfahrten gingen nach Ober- und Niedereggenen. Bamlach. Tannenkirch
. Wollbach, Malsburg und Vogelbach.

Nachdem nun die Kochtopfherstellung in der Eisengießerei Kandern unterbunden
war, suchte ich nach anderen Möglichkeiten der Aluminiumverwertung.
Da tauchte ein Schieber3' aus Rheinfelden auf. der gute Beziehungen zur Aluminiumindustrie
hatte. Ich übergab ihm einen Posten Aluminiumschrott und erhielt
einige Wochen später professionell hergestellte Milchkannen und Töpfe. Darauf
wurde eine größere Lieferung von Flugzeugschrott vereinbart. Mit dem Rolli fuhr
ich mehrmals zur Absturzstelle, um Material zu holen. Um die Spitze der Tragfläche
abzuholen, wartete ich, bis Schnee gefallen war, und zog dann diese wie einen
Schlitten nach Kandern. Der Schieber kam mit einem Laster, holte alles ab und
war seitdem nicht mehr gesehen. Mittlerweile kam das Jahr 1948 mit der Währungsreform
, und mit ihr kehrten wieder normale Verhältnisse ein.

Als wir 1994 bei einer Wanderung in Vogelbach an einem Bauernhof vorbei
gingen, erinnerte ich mich spontan, dass ich hier mit meiner Mutter in der Nachkriegszeit
eingekehrt war. Auf unsere Frage nach den Flugzeugaluminiumtöpfen
präsentierte mir die Hausfrau einen solchen, noch heißen Topf, mit dem Kartoffeln
für die Schweine gekocht werden.

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