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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
67.2005, Heft 1.2005
Seite: 126
(PDF, 26 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2005-01/0128
zum Staatsminister ernannt. Im Alter von 76 Jahren starb er 1728.
Neuenburg war für Tallard nur ein kleines Mosaiksteinchen in seinem listenreichen
Spiel mit dem Markgrafen von Baden.

Inzwischen war es Frühling geworden in der besetzten Stadt. Die Neuenburger
ahnten nichts von dem schrecklichen Schicksalsschlag, der ihnen bevorstand. Sie
bestellten ihre Felder und gingen ihrer Arbeit nach. Da kam hoher Besuch in die
Stadt am Rhein: Marschall Tallard visitierte am 2. April 1704 höchstpersönlich
die Festung, die seit zwei Jahren in französischer Hand war. und ließ sich vom
dortigen Kommandanten, dem Chevalier Damigny. alles aufs Genaueste zeigen.2"'
Inzwischen war die Zerstörung der Stadt beschlossene Sache - bis auf den Zeitpunkt
. Am 13. April2" teilte vermutlich Damigny dem Kriegsminister mit, dass er
von Tallard den Befehl erhalten habe, diesen Platz zu schleifen. Der Abbruch sei in
höchster Eile vorzunehmen - plötzlich drängte die Zeit. Damigny hatte bereits mit
1 000 Mann Miliz damit begonnen, aber deren Zahl nahm durch Desertion - offenbar
war es zu Auseinandersetzungen gekommen - und Krankheit immer mehr
ab. Vorwiegend Hilfstruppen und Bauern waren damit beschäftigt, die inzwischen
sehr wehrhafte Festung abzubrechen. Die Arbeiter wurden zur Eile angetrieben,
die Wallgräben füllten sich allmählich mit Bauschutt. Tallard beorderte Ingenieure
nach Neuenburg, die mit Sachverstand an die Sprengung gingen. 2 300 Mann waren
mit der Demolierung beschäftigt und weitere sollten noch kommen. Der Marschall
wurde immer unruhiger. Alles hing davon ab. dass er mit seinen Soldaten
rechtzeitig das im Abbruch befindliche Neuenburg verlassen konnte.

Man kann sich vorstellen, wie es damals in der Stadt aussah mit den vielen Menschen
, dem Lärm und Staub durch die Sprengungen und den Abbruch. Vermutlich
haben einige Neuenburger in diesem Tohuwabohu bereits die Stadt verlassen, denn
das Zerstörungswerk konnte ihnen ja nicht verborgen geblieben sein. Am 20. April
waren schon große Teile der Festungsbauten abgebrochen und eingeebnet.22' Am
25. April, dem Fest des Evangelisten Markus, kam Marschall Tallard von Straßburg
aus erneut für zwei Tage nach Neuenburg, um - wie er schrieb -. dort die
Miliz zu inspizieren.23'

In Pfarrer Christens Aufzeichnungen liest man anderes: Tallard sei am 25. April
mit dem Straßburger Intendanten nach Neuenburg gekommen, um der Bevölkerung
mitzuteilen, „das innerthalb 14 Tägen Neuenburg völlig solle abgebrochen
und der Erden gleich gemacht werden".24' Das dürften die Neuenburger inzwischen
selbst bemerkt haben, nachdem alles um sie herum zusammenstürzte!

Man kann sich vorstellen, wie ihnen zu Mute war. Pfarrer Christen ließ sich
nicht entmutigen: In mühevoller Arbeit brachte er die Glocken und Altäre, den
Kirchenornat, die Bücher und wichtigen Dokumente aus der Stadt heraus in Sicherheit
. Den Bürgern war ebenfalls erlaubt worden, alles mitzunehmen, was sie
tragen oder wegführen konnten, allerdings unter der Bedingung, dass sie im Ab-

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