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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 1.2007
Seite: 153
(PDF, 28 MB)
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zu bemerken, dass eine Gemeinde, in der solche Ereignisse vorfallen können, eine
ist. deren geistlicher Hirte seine Herde schmählich vernachlässigt.1"

In Hebels Geschichten kommt der Pfarrer nicht vor: nicht nur, dass Hebel fest
in die Kirchenverwaltung involviert war, er schrieb auch für „der geneigte evangelische
Leser" (Z 152). Jedoch in einer seiner komplexen und gut durchkonstruierten
Geschichten. Gleiches mit Gleichem (Z 237) spielt ein Priester. ..der geistliche
Herr von Trudenbach". eine Schlüsselrolle in einem Intelligenzstreit mit Nausel.
einem Juden. Das Thema ist „Fairness" und Hebel gebraucht es ironisch. Sie endet
mit den Worten ..Das artigste an dieser ganzen Geschichte ist die Wahrheit" und
man muss sich zwangsläufig an seine Worte ..Oft sieht die Wahrheit wie eine Lüge
aus" in Der Findling in Memel ( Z 62 ) erinnern. Die entscheidende Wendung ist
ein wohldurchdachtes Glanzstück.

Das Bauerntum, das den Hauptteil der landwirtschaftlichen Gesellschaft bildet,
taucht reichlich in Das Rollwagenbüchlein und anderen frühen Sammlungen auf.
Wie sieht's, genauer betrachtet, mit Hebels Handhabung desselben aus? Entfernt er
sich von der älteren alemannischen Tradition in seiner Einstellung zum Bauerntum?
Die Standardfigur des Landmannes als Bauerntölpel, begriffsstutziger Hohlkopf oder
Schlaumeier, oder aber als habgieriger Ränkeschmied tritt gelegentlich in seinen Kalendergeschichten
in Erscheinung, obgleich seit dem 16. Jahrhundert ein demographischer
Wechsel in der deutschen Erzähl-Kurzprosa stattgefunden hat. der zweierlei
spiegelt: nämlich das Wachstum der Städte und die Tatsache, dass der Bauer und seine
Bäuerin mehr denn je die angesprochene Leserschaft des Genres sind. Es gibt sie
ja immer noch in den Geschichten von Zschokke und natürlich von Gottheit" - unfähig
sind sie immer noch, sich zu ändern und sich geistig zu entwickeln, was ja die
didaktischen Verfasser von Kalendergeschichten für sie wünschten. Der Anfang von
Zschokkes Das Katzentröglein legt nahe, dass sich wenig geändert hat.

In einem gew issen Dorfe, es hieß - doch nein, zu bösen Dingen muß man
nicht den guten Namen nennen! Da lebte ein Bauer, der seinen alten Vater
ernähren sollte, w ie der Vater auch ihn in seiner Jugend von Kindesbeinen
an ernährt hatte. Der Bauer hielt seinen Vater aber schlecht, w ie es leider
oft geschieht, und macht ihm zuletzt ein hölzernes Tröglein, um daraus zu
essen, w ie man den Katzen macht. (S. 15-16)

Dem taktlosen und beschränkten Bauern wird die Wirkung seines Handelns
durch sein Kind klargemacht, das die Szene beobachtet hat:

„Gelt!" sprach das Kind, „wenn ich erst groß bin, Aetti, und du so alt bist,
wie der Großätti, dann will ich dir auch ein hölzernes Tröglein machen,
daraus du essen kannst."

Das Kind hat seinem Vater eine Lektion erteilt, wie es die Art von unschuldigen
kleinen Kindern ist.

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