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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 72
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-02/0074
Das große st erböte.
Seuchen am Oberrhein in Mittelalter und Früher Neuzeit

Kay Peter Jankrift

Do man zalt 1349 jor, [...] do kam ouch ein gemeinre Schelme und ein sterben
linder die litte dar, daz nieman von ime selben gedohte noch von harensagenden,
daz so großer sterben ie do gewesen, notierte Fritsche Closener in der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts in seiner Straßburger Chronik1. Das Massensterben des
,Schwarzen Todes' übertraf in den oberrheinischen wie in anderen Städten Europas
bei weitem alle zuvor auftretenden Seuchen. Es war der infernalische Auftakt
zu einem immer wiederkehrenden Grauen, das in der Folgezeit zwar nie wieder
die Ausmaße des .Schwarzen Todes" annahm, jedoch stets eine hohe Zahl an Opfern
forderte2. Bevor die spätmittelalterlichen Städte mit ihrer zunehmend dichten
Besiedlung und ihren mangelhaften hygienischen Verhältnissen der Ausbreitung
von Erregern mit kurzen Inkubationszeiten ideale Bedingungen zu bieten begannen
, hatte sich das Seuchengeschehen in Grenzen gehalten3. Mit Ausnahme der
Pandemie der sogenannten Justinianischen Pest' zwischen der Mitte des 6. und
des 8. Jahrhunderts waren infektionsbedingte Massenerkrankungen mit Todesfolge
zumeist lokale Ereignisse4. So brach offenbar 1298 eine Seuche in Beisach aus. die
sich in den anderen oberrheinischen Städten nicht geäußert zu haben scheint^. Zu
diesen Infektionskrankheiten gesellte sich jedoch eine besondere Form von Massensterben
- das sogenannte Antoniusfeuer oder Heilige Feuer.

Das Antoniusfeuer

.Heiliges Feuer' (ignis sacer) nannten die Chronisten des 9. bis IL Jahrhunderts
eine Krankheit, die bis in die frühe Neuzeit hinein zu Hungerzeiten auftrat und insbesondere
die Armen und die Landbevölkerung plagte6. Zwar forderte sie gleichzeitig
und plötzlich zahlreiche Opfer, doch handelt es sich bei ihr nicht um eine
ansteckende Infektionskrankheit und somit nicht um eine Seuche. Eine Vergiftung,
hervorgerufen durch den Verzehr von Mutterkorn, der Dauerform des Schlauchpilzes
.Claviceps purpurea Tulasne'. ist der Grund für die massenhaften Erkrankungen
. Der Pilz befällt den Roggen, der als ein Hauptnahrungsmittel der mittelalterlich
-frühneuzeitlichen Bevölkerung fatalerweise in aller Munde war. Armut.
Hunger und Erkrankungsrisiko standen in einem direkten Zusammenhang. Gerade
zu Zeiten schlechter Ernten gelangten große Mengen des giftigen Mutterkorns vermählen
in das Mehl. Der hohe Mutterkornanteil von bis zu 30 % im Mehl, der sich
für das 17. und 18. Jahrhundert ermitteln ließ, legt ähnliche oder vielleicht gar
noch schlechtere Zustände für die mittelalterlichen Jahrhunderte nahe7. Unmittelbar
nach der Ernte wirkt das alkaloidische Gift des Pilzes am stärksten. Die Symp-

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