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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 265
(PDF, 50 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-02/0267
,Kriege, Krisen und Katastrophen am Oberrhein vom
Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit' - Bemerkungen zur

Schlussdiskussion

Gerhard Fouquet
/.

„A peste. fame et bello. libera nos Domine!" - Seuche. Hunger und Krieg waren
Alltagserfahrunsen der Menschen in der Vormoderne, stellten diese Extremereis-
nisse doch den Zustand des Unbewussten im Alltäglichen nur sehr kurzzeitig in-
frage. Die Bitte im .Vater unser' um das tägliche Brot brach sich mit dem Außergewöhnlichen
jenes Hilfeschreis zu Gott. Und so heißt es denn auch zu Beginn der
Würzburger Ratschronik: ..Item es ist ein Sprichwort, das man spricht, es gebe keine
böseren Dinge als Epidemien. Kriege und Weinmissernten. Und es mag wohl
wahr sein, denn sollte innerhalb von zehn Jahren niemand an einer Epidemie sterben
, dann entstünde ein solcher Jammer in der Welt, dass jedermann fürchtete, er
müsste in einer Hungersnot zugrunde gehen"1. Im scheinbaren Zynismus dieses
Sprichwortes erhellt sich die Alltäglichkeit der Katastrophe ebenso wie ein spezifisches
Grundproblem mittelalterlicher Hauswirtschaften und Teilmärkte: das dauernde
paradoxe Missverhältnis zwischen relativer regionaler Überbevölkerung und
den sich gerade angesichts der bevölkerungslimitierenden Faktoren Epidemie und
Krieg nur beschränkt einstellenden Produktionsfortschritten im Agrarsektor mit ihren
destabilisierenden Konsequenzen. Die vormodeme Alltäglichkeit der Katastrophen
also! Aber auch in der europäischen Moderne machte, von der täglichen individuellen
Katastrophe des Unfalltodes abgesehen, bislang noch jede Generation
wenigstens einmal die Erfahrung kollektiver Not und Krise: in den großen Kriegen
des 19. und 20. Jahrhunderts, in den weltumspannenden Seuchenumzügen wie der
Fleckfieberepidemie von 1917 bis 1921. an der weltweit 3 Millionen Menschen
starben, oder dem beispiellosen Vormarsch der 1981 zum ersten Mal beschriebenen
Aids-Seuche, in der Hungerkrise von 1846/47, der letzten Hungersnot alter,
vormoderner Art in Europa, in den Hungerwintern Deutschlands von 1918/19.
1919/20 und 1947/48 oder der Niederlande von 1944/45.

In dieser Tagung über .Kriege. Krisen und Katastrophen am Oberrhein vom Mittelalter
bis zur Frühen Neuzeit" ging es weder um einen theoretischen Beitrag zur
Definition eines einheitlichen Katastrophenbegriffs - er ist bislang in den historischen
Wissenschaften Desiderat geblieben - noch um den Versuch einer „histoire
.totale" des catastrophes naturelles", wie sie von Jacques Berlioz 1998 am Beispielsfeld
der Naturkatastrophen eingefordert wurde2. Es ging vielmehr um Annäherungen
- Annäherungen an die vielfältige Geschichte einer Landschaft, die eine

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