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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
72.2010, Heft 2.2010
Seite: 117
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Der Hirte und seine Lieder

Zum Verständnis von Johann Peter Hebels „Allemannischen Gedichten"1

Hansfrieder Zumkehr

1. Wer sich mit den „Allemannischen Gedichten" Johann Peter Hebels beschäftigt
, sollte nicht nur Alemannisch verstehen, sondern auch - Latein. Diese nur
scheinbar steile These wird schon dadurch flacher, dass Hebel selbst in beiden
Sprachen zu Hause war und in beiden - gedichtet hat.2 Sie ist aber vor allem begründet
durch zwei lateinische Bemerkungen des Dichters, die sich ausdrücklich
auf die Gedichte beziehen und einen wichtigen Fingerzeig geben zu ihrem Verständnis
. Man sollte ihn beherzigen.3 Hebel hat sich selbst verschiedentlich zu seinem
„Allemännlein" (B 1604) geäußert und vor allem drei Absichten im Blick auf
die Leser herausgestellt: eine ästhetische, die Wahrnehmung der Natur; eine erzieherisch
-moralische, die „Wegweisung" und schließlich die sprachwissenschaftliche
in der Arbeit an der „geschmeidigen Sprache des Oberländers" (B 159), wodurch
er für die nachfolgenden Generationen die Bezeichnung „Alemannisch" etabliert
hat5.

Aber man sollte die beiden etwas versteckteren und aufgrund der Sprache nicht
unmittelbar zugänglichen programmartigen Äußerungen nicht übersehen. Hebels
Überlegungen zu einer dem einfachen Volk zugänglichen Kunstauffassung (Popu-
larästhetik) gehören in einen einschlägigen Rahmen, der für ihn und seine Kollegen
und Bekannten offensichtlich war. Für uns ist er nicht gleich erkennbar. Er
wird aber sichtbar, wenn man Hebels verschiedene Bemerkungen miteinander in
Beziehung setzt. Die zwei lateinischen Hinweise machen diesen Bezugspunkt
leichter greifbar und führen damit zu einem wesentlichen Gesichtspunkt für das
Verstehen der Gedichte.

Als grundlegenden Schlüssel zum Verständnis kann man, sehr abgekürzt gesagt,
das Motiv der „Heimat" nehmen, sie also in ihrer „Verortung" im biographischgeographischen
und übertragen im theologischen Zusammenhang sehen: Sie sind
entstanden, könnte man formulieren, als Ersatz für und Ausdruck der Sehnsucht
nach der irdischen Heimat6 (Kompensation) und als Darstellung der Sehnsucht
nach der himmlischen Heimat (Imagination)7: „us der Heimeth chunnt dr Schi'"8.
Eine neuere Deutung will sie u.a. als „Versuch einer Antwort auf das politische
und weltanschauliche Durcheinander am Ende des 18. Jahrhunderts" verstehen
und sieht ihr „Ziel" in der „Heilung von Affekten, von menschlichen Schwächen
und Leidenschaften".9 Die Betonung liegt nun zeitgemäß auf der Beschäftigung
mit der eigenen Lebensweise.

2. Hebel hat nicht „einfach so" gedichtet, weil und wie es über ihn kam. Die Gedichte
sind verwoben in ein Geflecht denkerischer Entscheidungen und „hand-

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