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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
74.2012, Heft 1.2012
Seite: 21
(PDF, 29 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2012-01/0023
Schloss Bürgeln im 20. Jahrhundert

Anton Josef Martin
Das Ende der Propstei

Niemand konnte es voraussehen, als sich der Fürstabt von Sankt Blasien, Meinrad
Troger, 1762 entschloss, das renovierungsbedürftige Propsteigebäude auf Bürgeln
durch einen Neubau zu ersetzen. Zweifellos wollte er dadurch der sinkenden
Bedeutung des Klosters im vorwiegend protestantischen Markgräflerland entgegenwirken
. Nicht nur ein funktionales Verwaltungsgebäude für die Güter des
Klosters sollte die neue Propstei werden, sie sollte vor allem von der Macht und
Herrlichkeit der „richtigen" Religion künden. Wie ein geschliffener Bergkristall
präsentiert sich die neue Westfassade von Franz Anton Bagnato und wirkt in die
Ferne, bis hin zum protestantischen Landesherrn Markgraf Karl Friedrich, und
macht dabei eines deutlich: Hier oben strahlt das katholische Sankt Blasien und
zeigt seine ganze Macht und Überlegenheit durch die Schönheit dieses prächtigen
Bauwerks. Und Karl Friedrich konnte sich dieser Faszination nicht entziehen. Er
besuchte Bürgeln noch während der Entstehungszeit. Der letzte Bau der sanktbla-
sianischen Propstei, 40 Jahre vor ihrer eigenen Auflösung, gestaltete sich so aufwändig
, dass man in ihm ein Aufbäumen gegen die sich auflösenden Machtstrukturen
von Kirche und Adelsherrschaft sehen muss.1 Der frühklassizistische, höfische
und elegante, das Zeitgefühl zur Schau stellende dreiflüglige Bau - ein unerwarteter
Anblick auf so steilem Fels - lässt eher an ein Lust- oder Jagdschloss
denken als an den Verwaltungssitz eines Propstes. So gänzlich fremd und ungewohnt
wirkt er in dieser unwirtlichen, den Naturkräften ausgelieferten Gegend.

1806 war dann alles vorbei. Der Reichsdeputationshauptschluss löste zuvor alle
Klöster und kirchlichen Stiftungen auf, die nicht direkt im Dienste der Armen- und
Krankenpflege standen.

Eine lange Ära fand damit ihr Ende, in der Gemeinden und Bauern ihrer Abgabepflicht
getreulich nachgekommen waren, Roggen, Feldfrüchte und viele „Saum"
Wein in die Meierhöfe und hoch nach Bürgeln bringen mussten. Allein im Weinkeller
auf Bürgeln lagerten 180 „Saum" Wein (27000 Liter), die später verkauft
oder mit Pferdefuhrwerken zu den Benediktinermönchen nach Sankt Blasien gebracht
wurden. Bürgeln verwaltete seit Jahrhunderten die Güter des weit entfernten
Klosters, weshalb es nach der Reformation zum ungeliebten Brückenkopf im
protestantischen Markgräflerland geworden war. Jetzt wurde es profaniert durch
die Übernahme von Andreas Bromberger, dessen Vater den bisherigen Meierhof
Bürgelns am Fuße des Hügels in Lippisbach bewirtschaftete. Paradigmatisch zeigt
sich in der „Okkupation" des Schlosses durch den früheren Pächter der gesellschaftliche
Wandel: es wurde zum Wohngebäude, später auch zur Gastwirtschaft.
Bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts wurden die Katholiken der Umgebung

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