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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
75.2013, Heft 1.2013
Seite: 68
(PDF, 39 MB)
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Markgräfler Scheibenfeuer

Ein alter Brauch - wie fliegt die Scheibe?
Werner Nachtigall

„Am Samstag nach Fasnacht", schreibt Christian Preussler in seinem Buch über
das Nördliche Markgräflerland, „fahren die Buben mit Traktor und Anhänger
durchs Dorf und singen den Spruch: ,Holz am Döldele - Holz am Döldele - isch e
gueti Frau im Huus - git sie au e Welle uus4." Es geht ums Sammeln von Altholz,
alten Balken und trockenem Weinholz („Wellen"), das zunächst auf großen Freiflächen
abgelagert und des nachts gut bewacht wird - böse Buben des Nachbardorfs
könnten es ja zum Gespött für das Dorf anzünden. Am Sonntag werden dann
Holzpyramiden aufgeschichtet, - „innen die Rebwellen, außen die Balken - und
Scheibenbänke, das sind unter 40° aufgestellte Bretter". Die Scheibenbänke weisen
zum Tal und ragen schräg nach oben.

Am Müllheimer Hachberg lodern mehrere Feuer in engerer Nachbarschaft. In
die schon heruntergebrannten, doch noch sehr heißen Feuer legen die jungen Leute
kleine, polygonal-kreisförmig zugeschnittene oder leicht rechteckige, zentral
1,5-2 cm dicke Buchenholzscheiben von rund 30 g Masse und 7-8 cm Kantenlänge
oder Durchmesser, die mit ihrem Zentralloch auf das abgeschnitzte Ende eines
2-2,5 m langen Haselsteckens fest aufgesteckt werden. (Heute werden auch
tennisschlägerartige „Cracks" benutzt.) Zumindest auf der Oberseite fangen die
Scheiben zu brennen an und werden dann, unter Sprüchen wie „Schibi, Schibo,
die Schübe soll go..." mit weitausholendem, kräftigen Schwung auf die Scheibenbank
geschlagen. In hohem Leuchtbogen fliegen die glühenden Scheiben weit
durch die Dämmerung und die frühe Nacht, begleitet von anfeuernden Rufen „He
lueg, wie schö die Schübe fliegt..." die Weinberge abwärts und verzischen im
Restschnee oder aufgeweichten Matsch.

„Mit der Scheibe als Symbol für die Sonne soll der Winter vertrieben werden",
erläutert Preussler kurzgefasst den alten Brauch. Volkskundliche Informationen
finden sich auch bei Studer (2002) in dem Abschnitt „Scheibenschlagen in der Alten
Fasnacht". Informativ sind schließlich die Wickipedia-Eintragungen. Eine interessante
frühe Erwähnung findet sich in der Funkzeitung 1933 über einen Radiobericht
des Süddeutschen Rundfunks vom 5. 3. 1933 über das Scheibenschlagen
im Markgräflerland.

In Badenweiler versammeln sich die „Buben" - gestandene junge Männer - alsdann
traditionsgemäß im Hotel Försterhaus Lais zu einem Gratisvesper und rufen
kurze, dem Nicht-Einheimischen schwer verständliche (und wohl auch nicht immer
ganz stubenreine) „Kurzzeiler" auf, die vom Anführer mit einem lakonischen
„Weiter so!" abgeschlossen und von den anwesenden jungen Frauen heftig beklatscht
werden.

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