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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
79.2017, Heft 1.2017
Seite: 123
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2017-01/0125
Ende September schien sich unsere Entlassung anzukündigen, denn damals wurden
wir nach einigen Kurzaufenthalten in Zwischenlagern nach Braunschweig verlegt
, was ja schon viel näher an daheim war. Auch diese Stadt war wie Kiel ebenfalls
schwer zerstört, und die Fallerslebentorkaserne, in der wir untergebracht wurden
, hatte auch einige Bombentreffer abbekommen. Der noch stehende Teil war
sehr verdreckt und mit Schutt übersät, so dass wir unsere Räume zuerst einmal einigermaßen
wohnlich machen mussten. Wie in Kiel hat man uns auch hier zu Aufräumungsarbeiten
in der Stadt eingesetzt.

Nach etwa vier Wochen wurden wir dann nicht - wie erwartet - entlassen, sondern
in das Munsterlager bei Soltau nördlich von Hannover verlegt, wo schon viele
Gefangene in Wellblechbaracken untergebracht waren. Die Tage in diesem Lager
waren nicht langweilig, da wir täglich zum Holzfällen ausrücken mussten.

Um den 15. Dezember herum kam dann plötzlich die lang ersehnte Entlassung.
Da aber der Entlassungsschein nicht für die französisch besetzte Zone galt, musste
er vorher mit einem Stempel der Franzosen versehen werden. Deshalb ging unsere
Fahrt zuerst in das Lager Betzenheim bei Bad Kreuznach in der Pfalz. Dort hausten
wir dann noch 2 Tage in einem Lager mit kleinen Wehrmachtszelten ohne jeglichen
Bodenschutz. Deshalb verbrachten wir die Nächte sitzend auf unseren
wenigen Habseligkeiten, und wenn es uns zu kalt wurde, stampften wir zwischen
den Zelten über den pickelhart gefrorenen Boden. Da glücklicherweise tagsüber
die Sonne schien, wärmten wir uns dann draußen etwas auf und schliefen im Sitzen
ein paar Stunden.

Nach zwei Tagen hatten wir dann endlich den französischen Stempel in unserem
englischen Entlassungsschein. Danach ging es mit unserem Güterzug weiter in
Richtung Offenburg, von wo wir unsere Heimatorte aufsuchen sollten. Doch unterwegs
lief plötzlich das Gerücht um, dass wir wahrscheinlich als Gefangene
nach Frankreich kämen. Deshalb beschloss ich mit einigen Kameraden aus dem
Wiesental, etwa 2 Kilometer vor Offenburg aus dem langsamer fahrenden Zug zu
springen. Dabei hatten wir aber dessen Geschwindigkeit arg unterschätzt, denn wir
kugelten kopfüber den Bahndamm hinunter. Ziemlich zusammengestaucht marschierten
wir dann zum Offenburger Bahnhof, wo unsere im Zug verbliebenen
Kameraden inzwischen vom Roten Kreuz verpflegt worden waren. Bei dem
Gerücht hatte es sich also nur um eine „Ente" gehandelt, und so mussten wir
natürlich den Spott unserer Kameraden über uns ergehen lassen.

Am anderen Tag fuhr ich dann in Richtung Basel Badischer Bahnhof. Dabei befand
ich mich in größter Anspannung, denn ich hatte ja nun seit Kriegsende - also
fast 8 Monate lang - von daheim keine Nachricht mehr erhalten. Bei der Gren-
zacher Volksschule wurde ich nochmals von französischen Soldaten festgenommen
, weil ich unmittelbar vor den dort aufgestellten zwei Geschützen vorbei gegangen
war. In meiner Eile hatte ich nämlich übersehen, dass man nur auf dem gegenüberliegenden
Trottoir gehen durfte.

Als ich nach einem etwa einstündigen Verhör wieder freigelassen wurde, kamen
mir vor unserem Haus meine Familienangehörigen, die mich zufällig kommen sa-

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