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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
29. Heft.1949
Seite: 28
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ist sehr einfach darin zu suchen, daß gegen Ende dieses Jahrhunderts
der Friedhof von der Kirche weg vor die Stadtmauern an seinen
jetzigen Platz verlegt und damit seines Charakters als Kirchhof
oder Hof um die Kirche entkleidet wurde. Die ursprünglichen Begräbnisstätten
befanden sich überall bei den Stadtkirchen. Die Menschen
des Mittelalters wollten in Erwartung des jüngsten Tages bei
der Kirche in geweihter Erde und in möglichster Nähe der Reliquien
ruhen. Die Messen und Gebete der Lebenden in der Kirche, an
denen die Toten gleichsam unsichtbar teilnahmen, sollten den armen
Seelen im Fegfeuer Erleichterung bringen. So verkörperte sich in
der Verbindung von Kirchhof und Kirche eindrucksvoll die das Diesseits
und Jenseits umfassende „Gemeinschaft der Heiligen". Am
begehrtesten war ein Grab im Innern der Kirche. Die Genehmigung
erlangte man in der Regel durch eine vorausgehende Stiftung. Die
Verlegung der Begräbnisstätte von der Kirche weg vor die Stadtmauer
fand im 16. Jahrhundert auch in vielen andern Städten statt.
Der Grund dafür lag in der Unmöglichkeit, den Friedhof zu erweitern
, noch mehr fiel aber in die Wagschale, daß man der Anstek-
kungsgefahr bei den häufigen Seuchen begegnen wollte. Schon
1571 wird ein „Sondersiechenhaus" in Haslach erwähnt; es hieß
auch „Gutleuthaus", und die Brücke, die über den Klosterbach führt,
heißt heute noch mundartlich „Gottliebbruck", wohl verballhornt
aus Gutleutbrücke gebildet. Das Gutleuthaus ist das heutige Wohnhaus
der Handelsgärtnerei von Winterer, gerade gegenüber dem
Friedhof. *) Ob seine Erbauung vor, nach oder mit der Verlegung
des Friedhofs erfolgte, läßt sich nicht mehr feststellen, da die städtischen
Akten teils 1643, teils 1704 vernichtet wurden.

Die Verlegung war offenbar eine behördliche Maßnahme; sie stieß
sicher auf hartnäckigen Widerstand der Bevölkerung. Sie bedeutete
eben in ihren Augen einen unerhörten Bruch mit einem uralten, von
den Vorfahren überkommenen Brauch und verletzte ihr religiöses
Gefühl auf das Empfindlichste. Wenn im Jahre 1588 in einem behördlichen
Bescheid2) das Verbot ausgesprochen wird, den alten
Friedhof bei der Kirche zu benützen, so liegt darin wohl der Beweis
, daß man der mündlichen Weisung in einzelnen Fällen nicht
Folge leistete. Die Leute wollten eben ihre Angehörigen bei den
Voreltern beerdigt wissen und den Besuch des Gottesdienstes mit
dem der Gräber gleich verbinden können.

1) Das ursprüngliche FTaus war nur einstöckig.

2) Siehe „Mitteil, aus dem F. Fürst. Archiv", Band 2, S. 568.

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