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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
29. Heft.1949
Seite: 120
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jetzt legten die Stadtväter großen Wert darauf, daß bei feierlichen
Anlässen die reichsfreie Stellung der Stadt bekundet wurde.

Dazu gab der Landvogt selbst Anlaß. Es war im Jahre 1655. Von
Neveu sprach den Wunsch aus, daß der Magistrat dem Ortenauer
Amtmann und dessen Sekretär bei feierlichen Umzügen und Prozessionen
unter den Ratsherren bestimmte Plätze anweisen möge.
Der Rat beschloß, die Beamten der Landvogtei hinter den Gerichtszwölfern
und Stettmeistern einzureihen, also vor den Herren des
jungen Rats. Nahm nur ein Ortenauer Beamter an der Prozession
teil, so sollte der vorderste der jungen Ratsherren denselben rechts
gehen lassen. Erschien der Landvogt selbst, dann sollte er seinen
Platz neben dem Schultheißen haben. Nun war aber die Frage, welcher
von diesen beiden rechts gehe, noch nicht geklärt. Im Jahre 1672
machte der Landvogt einen vorsichtigen Versuch, eine Entscheidung
zu seinen Gunsten herbeizuführen, und fragte bei dem Rat an, ob
man ihm bei der Fronleichnamsprozession den Vortritt lasse, fügte
aber hinzu: wenn man ihm nicht willfahren wolle, so wolle er „sich
nicht viel daraus machen". Diese Äußerung scheint auf die Ratsherren
Eindruck gemacht zu haben. Sie antworteten dem Landvogt,
daß sie ihm bei der Prozession die „Präzedenz", d. h. den Vortritt,
„gönnen" wollten, gaben jedoch der Hoffnung Ausdruck, daß er deshalb
„ein Mehreres zu Präjudiz nit begehren" werde.

Wie begründet die Sorge der Stadtväter war, zeigt folgender Vorfall
. Am 13. Oktober 1666 ließ der Landvogt den Stadtsyndikus in
den Amtshof kommen und machte ihm von dem Eintreffen eines kaiserlichen
Schreibens Mitteilung; dessen Inhalt kenne er nicht; die
drei Städte mögen das Schreiben in der Ortenberger Laube abholen
lassen. Wenn schon diese Aufforderung stutzig machen mußte, so
war es besonders die Anschrift, an der die Ratsherren Anstoß nahmen
. Sie lautete: „An die in unserer des Kaisers Landvogtei Ortenau
liegende drey Stätt Offenburg, Gengenbach und Zella. H." Der Magistrat
meinte, es müsse „ein Mysterium dabey sein", und vermutete
einen versteckten Angriff auf die reichsfreie Stellung der Städte, die
doch keine Bestandteile der Landvogtei waren. Nach langem Zögern
entschlossen sie sich, den Brief abholen zu lassen, jedoch nicht ohne
ihren „gebührenden und schuldigen Protest" zum Ausdruck zu
bringen.

Das Auftreten des Landvogts gegenüber den Städten entsprach
auch ganz der verdächtigen Anschrift. Die Ratsprotokolle aus jener
Zeit berichten von „allerhandt sehr nachdenklichen Aktus von sei-

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