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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
29. Heft.1949
Seite: 154
(PDF, 43 MB)
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mich uralte germanische Wanderlust und der jugendliche Kräfteüberschuß auslebte,
waren nicht nur die heiligen Stätten im eigenen Lande, sondern das hl. Land,
Rom und San Jago zu Compostella in Spanien. Denn je weiter entlegen die geweihten
Stätten waren, desto mehr reizten sie die Phantasie. Die Pilger zu unterstützen
galt als verdienstvolles Werk. Wie in allen Städten, so wurde auch in
Offenburg für die meist armen Passanten im 14. Jahrhundert eine Elenden-
herberge ins Leben gerufen. Später fanden darin mittellose Kranke aus Stadt
und Umgebung Aufnahme.

Der Neubau der Plarrkirche „Hl. Kreuz" 1415

Den sichtbarsten Ausdruck fand der religiöse Eifer des Offenburger Bürgertums
im Neubau der Pfarrkirche. Das erste Gotteshaus wird im 12. Jahrhundert errichtet
worden sein, als man im romanischen Stile baute. Diese Kirche erwies sich beim
Aufblühen des städtischen Gemeinwesens im 14. Jahrhundert zu klein. Diese Tatsache
und die Baufreudigkeit der damaligen Zeit führten zum Neubau. Um die
hierfür nötigen Mittel zu gewinnen, bemühte sich der Rat der Stadt 1335 bei
Papst Benedikt XII. in Avignon mit Erfolg um Gewährung eines Ablasses, der von
zwölf Bischöfen bekräftigt und vom Straßburger Bischof Berthold von Bucheck am
Tage nach Mariae Geburt 1335 feierlich verkündet wurde. Die Verwendung von
Ablaßgeldern für solche Zwecke war in jener Zeit üblich. Zahlreiche Kirchen
wurden mit Hilfe von Ablaßspenden errichtet. Da dieser Ablaß zur Deckung der
Baukosten nicht ausreichte, wurde er während der Bauperiode fünfmal, und zwar
in den Jahren 1386, 1393, 1399, 1414 und 1415 erneuert. Am 10. März des Jahren
1415 wurde der 1387 begonnene Bau unter Pfarrektor Johann Sunnenschin von
dem Bischof Markus von Besancon konsekriert. Merkwürdig ist, daß nicht der
Straßburger Bischof diese hochfeierliche Handlung vorgenommen hat. Vielleicht
wurde er durch seine Teilnahme am Konstanzer Konzil (1414—1418) abgehalten.

Leider ist von dieser Kirche kein Bild auf uns gekommen. Aber der Offenburgei
Median 1643 vermittelt uns schon eine Vorstellung von diesem stattlichen Gotteshause
. (Siehe Bild Seite 147.) Jedenfalls ist die architektonische Form des Bauwerks
ziemlich deutlich zu erkennen.

Sie entspricht dem Kunstempfinden der damaligen Zeit und äußert das neue
Lebensgefühl in der Entwicklung des Kirchenbaues. Ohne Zweifel haben wir es
mit einer spätgotischen Hallenkirche zu tun. Sie ist die vorherrschende Bauform
des Spätmittelalters. Die drei Schiffe waren gleich hoch, das Querschiff fehlte, der
Eau strebte nach oben. (Siehe Bild Seite 149.) Das Schwaben- und Frankenland ist
noch verhältnismäßig reich an solchen Hallenkirchen. Auch den Bau der Offen-
burger Hl. Kreuzkirche überdeckte in seiner ganzen Breite ein einheitlichen
Satteldach, das sich hoch über die Dächer der Bürgerhäuser erhob und das ganze
Stadtbild majestätisch beherrschte. An der Westseite stand ein prächtiger viereckiger
Turm, dessen Glockenstuhl sich in vier Giebeln schloß. Sieben Glocken,
deren schöner Klang wiederholt gerühmt wurde, riefen die Gläubigen der Stadt
und der umliegenden Dörfer zum Gottesdienst. Darüber ragte ein rechteckiger
Helm. Wie stolz die Offenburger auf ihr Gotteshaus waren, zeigt das Verzeichnis
über den im Schreckensjahr 1689 entstandenen Schaden. An dessen Spitze ist die
Kirche aufgeführt: „Erstlich die überaus schöne und große Pfarrkirche samt einem

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