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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
29. Heft.1949
Seite: 157
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Kapelle „Zu unserer lieben Frau" (1396) Weingarten

haben. Törichte Volksaufwiegler brachten das Märchen auf, die Juden hätten
die Brunnen vergiftet. So kam es auch in Offenburg zu wüsten Judenverfolgungen
. Andererseits hatte die Pest die große Geißelfahrt im Gefolge. Man
betrachtete die verheerende Krankheit als Strafe Gottes, und sein Zorn konnte
nur durch Bußfahrten besänftigt werden. Diese Geißlerbewegung stand völlig
außerhalb der Kirche und wurde von ihr bekämpft. Mit Kreuzen, Kerzen und
Fahnen zogen die Flagellanten in die Städte ein, schlugen sich mit scharfen
Geißeln auf den entblößten Rücken, bis das Blut floß, riefen zur Buße auf und
zogen weiter. Immer größer wurde der Zug. Im Juni 1349 kam die erste Schar
nach Straßburg. Es waren ihrer 700, denen sich in tiefer Demut 1000 Straßburger
anschlössen. Immer wieder forderte das Sterben neue Opfer.

Und noch ein Drittes! Eine bange Furcht hat die Menschen jener Zeit seelisch
erschüttert. Die Empfindung, das Ende der Welt sei nahe, war weit verbreitet.
Wie einstmals das Nahen des Jahres 1000 die Menschen mit Angst erfüllt
hatte, so erwartete man damals in religiös erregter Zeit vom Jahre 1500 ungeheure
Geschehnisse. Diese Weltuntergangsstimmung fand ihren Ausdruck
in der Kunst. Es sei nur erinnert an Dürers „Apokalyptische Reiter" und seine
„Melancholie". Immer wieder wurde diese Stimmung genährt durch beunruhigende
Weissagungen. Auf Grund astrologischer Berechnung prophezeite man eine
neue Sintflut. Dann sagte man das Vorrücken der Türken bis zum Rhein an.
Diese Voraussagen wühlten die Gemüter auf. Die Erregung steigerte sich zur
Angst vor dem jüngsten Gericht, die ein Grundelement der Zeit wurde. Wenn
wir das bedenken, dann verstehen wir auch das unruhige Streben nach Ver-

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