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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
30. Heft.1950
Seite: 92
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Viertens, ob es die poenam ordinariam nicht mitigiere (mildere),
daß er dieses Factum selbst bei der Obrigkeit angegeben und als
criminosum (Schuldigen) sich dargestellet.

Die erste Frage bezieht sich auf den sogenannten Tatbestand, auch
Corpus delicti genannt. Im Volksmund versteht man unter letzterem
Ausdruck die Gegenstände, mit denen ein Verbrechen begangen
wird, also Schießwaffen, Dolche, Messer, Prügel, Steine und dergl.
Im juristischen Sinne aber sind es alle Umstände und Merkmale, die
beweisen, daß eine verbrecherische Tat vorliegt, die den Tod eines
Menschen herbeigeführt hat.8) Ein Geständnis genügt hierzu nach
altem römischem Recht nicht. Das Gutachten weist deshalb auf eine
Stelle in dem Pandekten des Corpus juris des Kaisers Domitian aus
dem Jahre 533 n. Chr. hin. Dieses umfangreiche Gesetzbuch in lateinischer
Sprache war früher der Schrecken aller Rechtsstudenten,
denn schon das Auffinden solcher Stellen will gelernt sein. Das
mir gehörende Exemplar stammt aus dem Jahre 1606. Das Gutachten
weist noch auf einen Commentator des Werkes, Aegidius Bossius
(gestorben 1546) hin. Bei Mordfällen seien sich alle Juristen einig,
daß eine Inspektion der Leiche stattfinden müsse, deren Erfordernisse
von der „Carolina" im Kapitel 149 vorgeschrieben werden,
nämlich die Anwesenheit des Richters samt zweier Schöffen, des
Gerichtsschreibers und mindestens eines Wundarztes, die zuvor vereidigt
werden sollen und den Leichnam vor dem Begräbnis „mit
Fleiß besichtigen und alle seine empfangenen Wunden, Schläge und
Würfe, wie deren jede befunden und ermessen wird, mit Fleiß merken
und verzeichnen lassen." Die in Hornberg vorgenommene Inspektion
entspreche zwar nicht in allem genau diesen Vorschriften,
doch seien die Wunden derart, daß sie ohne Zweifel „lethales" (tödlich
) seien und den Tod auch gleich herbeigeführt hätten. Auch der
Kommentar zu der Carolina, von Christoph Blumbacher im Jahre
1670 verfaßt, wird zu diesem Punkte angezogen.

Sehr schwierig war die Antwort zur zweiten Frage zu geben. Die
Carolina schreibt im Kapitel 137 für vorsätzliche Mörder die Hinrichtung
mit dem Rade vor, für unvorsätzliche Totschläger die Enthauptung
. Die erste Art der Hinrichtung ist furchtbar grausam : der
Körper wurde an verschiedenen Stellen mit einem schweren Rade
zerstoßen und dann auf das Rad geflochten, eine Qual, unter der
der Unglückliche noch mehrere Tage, bis zu 9 (!) leben konnte. Dem-

8) Eine ausgezeichnete Abhandlung über die geschichtliche Entwicklung des Rechtsbegriffs des
Corpus delicti gab 1933 Karl Alfred Hall unter dem Titel »Die Lehre vom Corpus delicti".

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