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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
31. Heft.1951
Seite: 77
(PDF, 52 MB)
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des Ehrgefühls wieder auf den rechten Weg zu führen, tötete man
durch die entehrenden Strafen die besseren Regungen in seinem
Herzen und entfremdete ihn noch mehr der menschlichen Gesellschaft
. Es war den Richtern leicht, die Namen der Übeltäter zu erfahren
; denn jeder Bürger war bei seinem Eid verpflichtet, jeglichen
Verstoß gegen Ratsdekrete anzuzeigen.

Bei der Voruntersuchung spielte die Folter eine große Rolle. Mit
ihrer Hilfe wurden die Angeklagten „peinlich examiniert". Besonders
bei den Hexenprozessen wurden mit diesem berüchtigten Marterwerkzeug
die eigenartigsten Geständnisse erzielt. Die peinliche Befragung
stand unter der Leitung eines Richters, der mit dem Gerichtsschreiber
und dem Scharfrichter die Tortur vornahm. Der Angeklagte
wurde dem Scharfrichter vorgestellt und angesichts der Folterwerkzeuge
nochmals zum Bekenntnis mit der Bedrohung der Folter
ermahnt. Führte der Anblick des verrohten Scharfrichters und der
grauenhaften Instrumente nicht zu dem gewünschten Geständnis, so
wurde der Beschuldigte fast völlig seiner Kleider beraubt und von
dem Henker in die von Blut und Leichengeruch erfüllte dunkle
Marterkammer geführt. Die Gerichtskommission setzte sich so, daß
der Richter dem Opfer beständig in das Gesicht sehen und dessen
Gebärden beobachten konnte. Nun konnte die Folterung beginnen.
Der Körper wurde an den rückwärts gebundenen Armen aufgezogen,
wobei schwere Steine an die Füße gehängt wurden. Dann ließ man
den Körper plötzlich niederschnellen. Wenn dann auf diese Weise
ein Geständnis erpreßt worden war, dann war das Schicksal des Beschuldigten
besiegelt. Erfolgte aber kein Geständnis, so wurde der
Körper wieder „uffgezogen". Viele dieser unglücklichen Menschen
haben bei dieser Art der Befragung Geständnisse von Verbrechen
abgelegt, die sie in ihrem Leben nie begangen hatten. Manche aber
leugneten trotz der größten Qualen hartnäckig. Die Anwendung der
Folter wird verständlich durch die Mangelhaftigkeit des Beweisverfahrens
jener Zeiten und durch den Grundsatz, daß keine Verurteilung
vor dem Geständnis des Angeklagten erfolgen konnte. Oft
wurde die Folter aber auch aus Lust am Quälen angewendet. Nach
der Carolina konnte sie „viel, oft oder wenig, hart oder linder" vorgenommen
werden. Die Anordnung des Foltergrades war also ganz
in das Belieben des Richters gestellt. Die schweren Foltergrade zerrütteten
die Menschen körperlich und seelisch völlig. Wenn der Beschuldigte
durch Haft und Folter mürbe gemacht worden war, erfolgte
meist das Schuldbekenntnis.

Die Strafen, die ausgesprochen wurden, waren mannigfaltig. Wenn

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