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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
31. Heft.1951
Seite: 101
(PDF, 52 MB)
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ten Grablegen beendet und mich dabei, wie Sie bei meinem demnächst
stattfindenden Vortrage sehen werden, maßstäblicher Aufnahmen
1 : 1 befleißigt. Ich war der getanen Arbeit, die Wochen erfordert
hatte, froh und deshalb gesonnen, sie mit einem herzhaften
Trünke in dem nach dem alt-mächtigen Lindenbaume benannten
Gasthause zu beschließen. Bei zunachtender Stunde trat ich ins
Herrenstübchen, wo ich einen Herrn mittleren Alters beim Glase
traf. Ich nannte ihm Namen und Hantierung und erfuhr dagegenhin,
daß ich dem Physikus Dr. . . . aus . . . gegenüberstand, daß er alljährlich
an diesem Tage die windeckische Ruine besuche und den
Abend besonderem Genüsse vorbehalte, weshalb er das Kaleschlein
unter des Patenbaumes dieser Gaststätte weitschattender Krone
untergestellt und das Rößlein in Rücksicht auf des Herbstes bereits
merkbare Kühle in den wärmenden Gaststall gebracht habe. Mit lebhaftem
Interesse bat er um Erlaubnis zur Einsichtnahme in die
Zeichenrollen und bezeigte bei der Betrachtung der Blätter feines
Verständnis für meine Erläuterungen. Mit herzlichen Worten verdankte
er meine Mühewaltung und erbot sich, falls ich die nötige
Zeit aufzubringen vermöge, zu einem Gegendienst, der allerdings
gewisse Eignung meiner Person zur Vornahme mystischen Geschehens
voraussetze. Die Linde, erklärte er mir bedeutungsvollen
Blickes mit gehaltener Stimme, sei in gewissen Nächten der menschlichen
Sprache mächtig, doch bedürfe, wer ihren Worten lauschen
wolle, besonderer Präparation durch in solcher Praxis Erfahrenen.
Wenn ich mich ihm, der gesetzten Ernstes spreche, für gemessene
Zeit anvertrauen wolle? Die Aufwendungen zur Durchführung des
Experimentes nehme er auf seinen Beutel, meine Mitwirkung bestehe
in der Konzentration des Willens auf die Beeinflussung der
Linde. Nach Überwindung einiger Bedenken sagte ich zu.

Erst unternahmen wir einen ziemlich anstrengenden Gang durch das
Kappler Rebgebirge, wobei mein Mentor sich verlässigte, wieweit
ich über der Windecker Geschichte informiert sei, wobei sich herausstellte
, daß ich über Herrn Reinhards Fehde mit den Straßburgern
nicht übel Bescheid wüßte. „Darauf", meinte der Physiker, „ließe sich
wohl ein Diskurs aufbauen —Sie müssen nämlich wissen" — er sprach
mit gedämpfter Stimme weiter —, „daß die Linde mit Hilfe ihres
vielhundertjährigen Wurzelwerkes Konnex mit der Windecker
schlafendem Leben hergestellt hat und in bevorstehenden Neumondnächten
wieder Zwiesprache mit ihnen pflegt..." Schweigend durchschritten
wir das ruhende Dorf, nahmen im Gasthaus einen wärmen-

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