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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
31. Heft.1951
Seite: 112
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wohnen kann, aber mit Meinen besten Segenswünschen begleiten
werde. Berlin, den 23. April 1876. Augusta."

Am 24. Februar 1876 begann die Neuerwählte ein Tagebuch in
Kleinlormat, worin sie mit der ihr eigenen Pünktlichkeit, in zierlicher
Schrift, auch über Kleinigkeiten des damaligen klösterlichen
Lebens berichtet. Die Aufzeichnungen heben an, freudig vom Stifterinnentag
zu erzählen. Im Monat März aber wird der Ton ernster.
Denn der Kulturkampf warf seine dunklen Schatten auf den Weg
der gerade erwählten Vorsteherin.

Am 31. März ist der Besuch der „Lady Churchyll", die die Königin
von England nach Baden-Baden begleitet hatte, notiert. Die Frau
Äbtissin führte sie auf den Frauenchor und in die Fürstenkapelle.

Am 2. Januar 1877 kam Herr Stadtpfarrer Benz von Karlsruhe, um
den Wunsch des Großherzogs mitzuteilen, Lichtenthai möchte auch
nach Einführung der gemischten Schule den Unterricht fortsetzen.
Äbtissin Aloysia erbat sich Bedenkzeit. Am 6. März sandte das
Kloster seine Erklärung bezüglich der Schulfrage an den Bistumsverweser
Lothar von Kübel, die zunächst gegen die Übernahme
einer paritätischen Volksschule ausfiel. Die gewissenhafte neue Vorsteherin
drückte diese Angelegenheit schwer, zumal der Kulturkampf
die Existenz des Klosters überhaupt bedrohte. Nach ernsten
Beratungen willigte sie schließlich in die Umwandlung der katholischen
'' Lichtenthaler Mädchenschule in eine gemischte ein. Den
Ausgang des Kulturkampfes erlebte sie zwar nicht mehr, wohl aber
die zuversichtliche Hoffnung auf den Fortbestand des Hauses.

Am 3. Dezember 1879 erhielt sie vom Ministerium die Erlaubnis,
die Postulantin Josef ine Sieb, die im September vorher die Lehrerinnenprüfung
in Karlsruhe bestanden hatte, einkleiden zu dürfen, was angesichts
der Verhältnisse als besondere Gunst zu deuten war.

Die Tagebuchnotizen zeigen uns Äbtissin Aloysia als einfache,
gerade und gütige Seele, die das Haus, ihre Mitschwestern und den
Orden liebte. Ihre Kränklichkeit erlaubte ihr nicht, große Taten zu
vollbringen; aber sie verstand es, durch Pietät und Sorgsamkeit
auch scheinbar kleine Dinge groß zu machen und zu adeln.

Trotz zunehmender Lungenschwäche hielt sie mit gewissenhafter
Treue und Pflichtbewußtsein auf ihrem verantwortungsvollen und
wegen der Zeitverhältnisse drückenden Posten aus, bis wiederholtes
Blutbrechen sie an das Krankenlager fesselte. Beengungen und Erstickungsanfälle
sowie ein schleichendes Fieber verzehrten ihre letzte
Kraft. Doch blieb sie bis zum letzten Augenblicke bei klarem Bewußtsein
, sprach laut und deutlich, zeigte Interesse an allem, was

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