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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 19
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den müssen); Brisiacum > mittelhochdeutsch Brisach > französisch
Brisac (in reinromanischer Entwicklung hätte wie bei den französischen
-acum-Namen in Ostfrankreich *Brissey daraus werden
müssen). *Piretum (= Birnenhain) oder *Ferretum (= Eisengebiet)
> mittelhochdeutsch Phirida > französisch Ferrette (deutsch Pfirt).
(In rein romanischer Entwicklung hätte wie bei den ostfranzösischen
-etum-Orten [vgl. Alnetum > Aulnois] *Ferrois entstehen müssen,
wie unmittelbar an der Sprachgrenze Sepitum deutsch Sept, französisch
Seppois ergeben hat.) Diese Entwicklung ist nur erklärlich
durch eine zwar vorübergehende, aber doch wohl ziemlich vollständige
Zerreißung des Sprachzusammenhangs.

Nun gibt es freilich Ortsnamen, die ein Fortleben romanischer Bevölkerung
über die alemannische Landnahme hinaus beweisen sollen:
die -weiler-Ortsnamen und die Walchen-Orte.

Ich glaube nicht daran, daß auch nur ein - weiler-Name in
Baden aus der Römerzeit stammt, selbst dann nicht, wenn an dem
betreffenden Ort eine römische villa oder gar ein römisches Dorf,
ein vicus, sicher festgestellt worden ist. Die Probe aufs Exempel.
Beim Dorf Sandweier (bei Oos) ist eine römische Siedlung ausgegraben
worden, aber sie heißt nicht villare (= Weiler), sondern
vicus Bibiensium, das Dorf der Leute am Zweiweg, d. h. da, wo die
Straße nach Baden-Baden abzweigt; wir wissen das aus einer dort
gefundenen römischen Inschrift16).

Nun ist -weder sicher ein Lehnwort aus dem Lateinischen; die Ableitung
von althochdeutsch hwila (= Weile), an die noch Krieger in
seinem topographischen Wörterbuch des Großherzogtums Baden gedacht
hat, ist sprachlich unmöglich. Entscheidend ist der Zeitpunkt,
an dem die Lehnsübernahme erfolgt ist. Da „weder" (althochdeutsch
wilari, mittelhochdeutsch wilre) vor dem Ende des 11. Jahrhunderts
in keinem deutschen Text vorkommt, so schlössen so hervorragende
Forscher wie Witt e17) und B e h a g h e l18), daß das Wort erst nach
dieser Zeit in die deutsche Sprache gelangt sei. Da aber -weiler-
Ortsnamen auf deutschem Sprachboden schon seit Ende des 7. Jahrhunderts
genannt werden, können sie — so schlössen die beiden
Forscher — nicht von den Deutschen benannt worden sein; sie mußten
also aus der Römerzeit stammen. Das deutsche Gattungswort
„Weiler" sollte erst im 11./12. Jahrhundert sich aus den -weiler-Ortsnamen
entwickelt haben. Das ist nach unseren heutigen Vorstellungen

") Fabricius, S. 74.

"(Witte, Zur Geschichte des Deutschtums im Elsaß und im Vogesengebiet, 1897, S. 121 ff.
;8( B e h a g h e 1 , Die deutschen Weiler-Orte (Wörter und Sachen, Band 2), 1910.

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