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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 65
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auf. Die gut geheizte „Kunscht" kommt dem Schneider gut zustatten.
Nach der Einnahme eines Frühstückes wird dem Schneider eine
große Rolle Zwilch, ein starker, gewobener Leinenstoff zur Verarbeitung
für Zwilchhosen und Zwilchkittel verabfolgt. Am Bauer,
den Buben und Knechten werden die Maße genommen, der Ballen
wird zerschnitten , und in Maße eingeteilt. Die Knechte und der
Hirtenbub haben nämlich mit dem Hofbauer bei der Einstellung ein
Abkommen getroffen, daß ihnen außer dem Lohn und Verpflegung
auch Kleider, Hosen und Schuhe zuständig sind. Die Störzeit der
Schneider und Schuster auf den Höfen ist denselben die willkommenste
und auch angenehmste. Denn neben einer angemessenen Bezahlung
an Martini, dem Auszahlungstag der Bauern, erhält der
Störhandwerker immer ein gutes und auch reichliches Essen und
Trinken. Sind dann die ,,Mannslütt" mit den fehlenden Sunntig-
schoben und Sunntigkitteln, Sunntighosen, Zwilchhosen und Zwilchkitteln
versehen, so verläßt der Schneider seinen „Störhof" und
nimmt in der Nachbarschaft Störkundschaft an.

Als nächster Handwerker kommt dann der „Störschuhmacher" mit
dem ganzen Werkzeug auf den Hof. Das Leder und die Nägel werden
vom Bauern gestellt. Der „Störschuhmacher" macht für alle
männlichen und weiblichen Hofbewohner die Sonntags- und Werktagsschuhe
, die sogenannten „Pechschuhe". Auch alle Reparaturen
im Flicken und Flecken, Sohlen und Nähen werden meisterhaft ausgeführt
. Wenn der „Störschneider" oder „Störschuhmacher" durch
Geschichten- und Neuigkeitserzählen die Gunst des Bauern und der
Bäuerin erworben haben, wird ihre spannende Unterhaltung durch
Auftragen besonders beliebter Speisen und Getränke wettgemacht.
Mancherorts, wo breit und weit kein Sattler wohnt, wird auch der
„Störsattler" zur Störarbeit bestellt. Doch tritt dies seltener ein. Sind
dann die Handwerker mit ihrem Werkzeug abgezogen, kehrt in die
große Wälderstube wieder Ruhe und Langweile ein.

Aber auch die Bäuerin oder „Büri" hat noch ihre besonderen
Herzenswünsche. Sie bestellt für sich und ihre „Wiewervölker" die
Störnaieri" oder „Störnäherin" auf den Hof; denn Neu- und Flickarbeit
wartet in Hülle und Fülle. Wochenlang hat die „Störnaieri"
Arbeit. Und wenn dieselbe sogar noch „Trachtenaieri" oder Trachtennäherin
ist, steht sie im besonderen Ruf und Ansehen. Aus „Wiefel"
und „Risttuch" werden Röcke und aus Seide oder Tuch „Schöbe"
g'nait oder genäht. Oft werden die weiblichen Trachtenkleider auch
vom „Störschneider" hergestellt. Mit den Trachtenhutmacherinnen
sieht es im Schwarzwald nicht rosig aus, denn im ganzen Schwarz-

5 Die Orlenau

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