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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 152
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Für jeden Liebesdienst war sie dankbar, als ob sie all der sorgsamen
Liebe und Pflege nicht wert gewesen wäre. Ihre Geduld und Leidenswilligkeit
waren rührend.

In der Schönheit des Maien war sie fünf Jahre zuvor in Lichten-
thal eingetreten — in der Schönheit des Maien wurde sie auch mit
den heiligen Sterbesakramenten versehen.

Am 21. Juni fuhr in sechsspänniger Chaise die Kaiserin von Rußland
Elisabetha Alexiewna vor, die gerade in Baden zu Gaste war.
Der ganze Konvent stand in Reihen an der Klosterpforte. Gleich
beim Aussteigen umarmte die Kaiserin die Frau Äbtissin und gab
ihr den Friedenskuß. Nach einer kurzen Bewillkommnung im Redezimmer
wurde sodann die Komplet feierlich auf dem Chor gehalten,
hierauf hielt sich der hohe Besuch eine Zeitlang im Konvent auf und
besuchte dann die kranke Frau Stephanie. Der Leibarzt der Kaiserin
erhielt den strengsten Befehl, alle Mittel zu ihrer Rettung anzuwenden
. Die Aussicht auf Erfolg schien dem erfahrenen Herrn aber
sehr gering.

Während die kranke Ordensfrau nun nach dem Abschied von der
hohen Frau ihr Herz neu dem Ewigen zuwandte, bereit, die weißen
Schwingen zum Himmelsfluge zu entfalten, erteilte die Kaiserin —
als Verwandte des großherzoglichen Hauses — im Abtissinnenzimmer
einem jungen Mädchen die Erlaubnis zum Eintritt ins Noviziat. Es
war dies eine ausgezeichnete Kraft — die spätere Äbtissin Amalia
Trenkle.

Noch ein paar sommerschöne Tage durfte Maria Stephanie im
irdischen Lichtkloster verleben. Dann kam der Morgen des 9. August.
Kaum war der Frühgottesdienst vollendet, da trat der Tod still ins
Krankenzimmer. Und der ganze Konvent erlebte mit dem Hausgeistlichen
das selige Heimgehen einer lieben Mitschwester. Kein Todesschrecken
zitterte durch das Gemach, himmlische Freude erfüllte
das Herz der Sterbenden.

Am 11. August sollte das Begräbnis sein. Eine Menge Volkes,
namentlich Baden-Badener Kurgäste, strömten herbei, um die Leiche
der Dienerin Gottes zu sehen. Die Verstorbene lag so freundlich
lächelnd da, als ob sie schlafe und Wunderliebliches träume. Viele
wollten nicht glauben, daß sie tot sei, und der Arzt mußte noch vor
der Beerdigung eine neue Untersuchung vornehmen. Dann erst geleitete
man sie auf den Klosterfriedhof im blühenden Klausurgarten.
Die Klosterfrauen, in die weiten, weißen Chormäntel gehüllt, trugen
brennende Kerzen. Die Weihe eines tiefen Friedens lag über der
schlichten Feier, an der viele, viele Weltleute teilnahmen, darunter

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