Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 159
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1953/0159
am Karfreitagmittag um 12 Uhr ein lautes Gespräch; wer diesem zuhört
, den holen noch im laufenden Jahr die Schatten der Toten zu
sich; damit wird das an sich kunstgeschichtlich sehr bedeutungsvolle
Bild etwas ganz anderes, nämlich eine Ausstrahlung vom Urmythos
der „ewigen Dreifalt". Das dritte Moment ist der Karsamstagsumzug
der Ministranten und schulentlassenen Jungen, wobei sie durch Ratschen
den Ort mit lautem Lärm erfüllen und Ostereier sammeln;
dieser Bettelumzug der Buben ist die verblaßte Spur eines kultischen
„Bedelganges"325). Die drei Momente, der Ablaß am Karfreitag in der
Nikolauskapelle in der Au zusammen vereinigen Brauchtum und
Urmythos in seltsamer Weise. Der Heleberg und Holebuck bei
Hügelsheim und der Holer zwischen Schwarzach und Stollhofen
lassen bereits in ihrem Namen eine uralte Hei- bzw. Totenkultstätte
vermuten. Das weite, an den Holer anstoßende Wiesengelände mit
seinen blassen Wildnarzissen und Seerosen hieß ursprünglich die
„Aue" — überall auf der grünen Au versammelten sich in den Karnächten
die Schatten der Toten zu einem frohen, festlichen Tun;
denn in den Karnächten sind die Karen, die Erdgänge, wo sonst die
Toten wohnen, geöffnet. —

An dieses alte Totengedenken knüpfte in der naiven, mittelalterlichen
Seele der Karfreitagsablaß der Schwarzacher Nikolauskapelle
an. —

Ebenso eigenartig ist der zweite Ablaßtag in dieser Kapelle, der
St. Katharinentag — Katharina heißt im Schwarzachischen „die Kätt"
— kett bedeutete im Vorgermanischen das gleiche wie kar — „so
wurde St. Katharina zur verchristlichten alten „kett-kjalp der hilfreichen
, ewigen Erdmutter"320). —

Mit der Katharinenverehrung verband sich von Zabern her der
Christinakult — deren kleines Mühlsteinattribut durch Unwissenheit
zur Mondscheibe umgedeutet wurde — auf jeden Fall ist eigenartig,
daß ein Waldschlag vom Holer heute noch „das Christemättl" heißt.

Der dritte Ablaßtag in der Schwarzacher Aue war der heilige Belz-
nickelstag und die letzte Dorf Straße unmittelbar vor dem Holer heißt
heute noch die Beizgaß. —

Ein dritter Kult, der in diesen Zusammenhang gehört, kreist um
die heilige Mutter Anna. — Eine besondere Stätte ihrer Verehrung
war zu Balzhofen. — Noch 1325 hieß der kleine Ort „Badelshowen",
ebenso überraschend wie Bedelsnickel327).

,!s) Hans Christoph Schöll, Die drei Ewigen, Abschnitt 11.

32e) Hans Christoph Schöll, Die drei Ewigen, Abschnitt 12, Eugen Diederichsverlag.
327) Krieger, Topographisches Wörterbuch Badens.

159


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1953/0159