Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 160
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Ein Gewann unmittelbar beim Dorf heißt „Walhofeschlatt" — der
Walhofe war ohne Zweifel ein uralter Welschen- oder Keltenhof,
also eine der frühesten und traditionsreichsten Siedlungen der ganzen
Gegend. Der „Schlatt" (slate vg. Sumpf) ist hier die Stätte folgender
Sage: „im Schilfrohr des Sumpfes zeigt sich der Schlangenkönig;
er trägt eine goldene Krone und farbige Ringe'"8)." Diese Sage geht
vielfach um am Oberrhein gewöhnlich im Zusammenhang mit der
Erdmutter, in dem sie zu jenem ureuropäischen Mythos gehört, der
die Schlange als „Ring des Meeres" erlebt, welcher die Erde umschlingt
.

Eine zweite Sage um Balzhofen ist von rührender Schönheit -—
„ein Knabe, der noch nie eine Lüge gesprochen hatte, sammelte Holz
im Hägenich — da fand er schneeweiße Hanfstengel im Moos; er
hatte Freude daran und nahm sie mit nach Hause; daheim waren
alle in Silber verwandelt — andere, die davon hörten, suchten auch
Hanfstengel im Hägenich, fanden aber keine"329). Der gute Knabe
kam in die Sphäre jener mütterlichen Güte, die aus dem Ewigen
stammt.

An die Walhofeschlatt schließt sich das „Nawelfeld" an — das
lateinische navelus ist das kymrische now und das altfranzösische
nawe; jedes der drei Worte bedeutet „die Au". Das Gewann neben
dem Nawelfeld ist das Heidenfeld — Buck nennt das „Heidenfeld"
immer ein Gezirk „der Uralten mit mythischen Bezügen". Hier drängt
geradezu eine Fülle von Spuren hin zum „Urmythos" und seiner
Kultstätte.

Die dritte Sage endlich erzählt von einem Bannstein, „in dessen
Nähe ein reicher Schatz vergraben liegt — viele haben schon nach
ihm gesucht, aber niemand konnte ihn finden"330). Auf der Brücke
vom „Uralten" zum Christlichen sah die Volksfrömmigkeit jenen
größeren Schatz, „der nicht von Rost und Motten verzehrt wird",
und erbaute an der Stätte uralter Traditionen der „so hilfreichen
Mutter Anna ein Holzkirchlein und stellte eine — heilige Selbdritt
hinein — anknüpfend an „die ewige Dreifalt"331). Um diese Anknüpfung
zu verstärken, stellte man zur Mutter Anna noch St. Barbara
mit der Strahlensonne auf der Brust und St. Christina wieder mit
dem in „frommer Unwissenheit" als Mondscheibe gedeuteten kleinen
Mühlstein in der Hand. Eine große Welle der Mutter-Anna-Verehrung
setzte im 15. Jahrhundert ein „mit vielen Stiftungen und Brüderschaften
"; auch Balzhofen erhielt damals sein „Seelgerett und

SM) bis 33°) Küntzig, Mittelbadische Sagen.

MI) Hans Christoph Schöll, Die drei Ewigen, Abschnitt 20.

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