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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 178
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sehen Glauben nicht lassen wollten, mit Weib und Kindern vertrieben
wurden, verlieh Graf Philipp dem Städtlein einen neuen Freiheitsbrief
, „daß die exulanten dardurch werden angetrieben werden, vor
andern Orten zu Lichtenau sich häußlich niederzulassen" (Ausgefertigt
auf Fabiani et Sebastiani 1584)i3). Zu den sonntäglichen
Gottesdiensten stellten sich die offenen und geheimen Anhänger des
Evangeliums aus den Ämtern Steinbach und Bühl in Scharen ein,
besonders zu den Abendmahlsfeiern während der Osterzeit. 1602 und
1604 berichtet Pfarrer Rodt, daß er allein aus der Markgrafschaft von
Bühl und Steinbach jährlich über 200 Kommunikanten (Abendmahlsgäste
) habe. Das Kirchenbuch bietet in seinen Eheeinträgen zahlreiche
Beispiele für diese seelsorgerliche Inanspruchnahme der
Pfarrei Lichtenau.

Zu den Besuchern der Lichtenauer Kirche zählten auch die Inhaber des
oberen Schlosses zu Neuweier, die Freiherrn von Stein samt Schaffner
und Gesinde, auch ihre Meierfamilie auf dem Hartunger Hof bei Stollhofen. Für
Verrichtung des Gottesdienstes im Neuweierer Schlosse pflegte das freiherrliche
Haus dem Pfarrer oder Diakon % Fuder Wein zu reichen, bis Baron Karl von
Stein um 1685 nach Straßburg verzog. Freiherr Friedrich vom Stein und Bosenstein
wurde den zweiundzwanzigsten Weinmonat 1666 im Chor der Lichtenauer Kirche
beigesetzt; die Leichenpredigt des Diakons Joachim Westphal samt einer Elegie
von Quirinus Moscherosch, Pfarrer zu Bodersweier, erschien im Drucke zu Straßburg
(Die Heimatglocke, Kehl 1931, Nr. 12). Den 18. Mai 1719 legte man eine Freifrau
Anna Margareta zur Linken dieses Steinschen Leichensteins. Noch 1723 und
später teilte der Pfarrer im oberen Schlosse bei einer Frau Sprengerin an etwa
20 Teilnehmer das Abendmahl aus. Denkwürdig bleibt die liebevolle Aufnahme,
welche Pfarrer Otto und andere Lichtenauer Flüchtlinge im Jahre 1689 daselbst
fanden.

Auch nach dem Dreißigjährigen Kriege wohnten einzelne Evangelische in der
Markgrafschaft. So bezahlten 1679 die „Bühler Lutheraner" die Hälfte an acht
neuen Kirchenstühlen, 1680 ließen die beiden Schaffner der Herren von Fleckenstein
und Hüffel, die das windeckische Erbe in Bühl verwalteten, zwei neue Mannsstühle
in die Kirche fertigen. Hanß Jakob Kestel, der Meier des Hüffelischen Hofes in
Altschweier, gewährte 1689 manchem Flüchtigen einen Unterschlupf. 1760 schreibt
Pfarrer Neßler, daß sich die im Abtsstab und benachbarten badischen Herrschaft
lebenden Evangelisch-Lutherischen hierher hielten, von denen er oft 20 bis 30
beim Abendmahl zählen dürfte, in deren Interesse die Lichtenauer Geistlichkeit
stets auf gute Nachbarschaft mit dem Kloster Schwarzach beflissen gewesen
wäre.

") Zu dem markgräflichen Verbote an die Ämter Stollhofen, Steinbach. Bühl und die dreizehn Dörfer
des Abtsstabes Schwarzach, den Lichtenauer Wochenmarkt nicht zu besuchen, sind keine konfessionellen
Erwägungen — wie Beinert, S. 183, annimmt —, sondern rein wirtschaftliche Gründe (Bühler und Steinbacher
Markt) bestimmend gewesen, übrigens war die Abtei an derlei Unfreundlichkeiten stets unschuldig und
litt schwer unter der Bevormundung durch das mächtigere Baden. Wegen dieses Eingriffes in die Landeshoheit
des Gotteshauses erwirkte Abt Johann Kaspar ein kaiserliches Mandat vom 23. Juni 1585,
welches Markgraf Philibert 11. bei acht Mark lötigen Goldes die Aufhebung gebot.

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