Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 61
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180 Schweine, zweimal wurde die ganze Ernte vernichtet; beide
Dörfer sind völlig niedergebrannt, und zehn Jahre blieben die Felder
unbebaut. Die gewaltigen Menschenverluste wurden in den folgenden
Jahrzehnten nur teilweise durch die starke Einwanderung
aus der Schweiz ausgeglichen, und seit dieser Zeit tauchen viele
neue Namen in unserer Heimat auf, und die meisten der heute lebenden
Geschlechter stammen ganz oder teilweise von diesen Schweizer
Einwanderern ab, die größtenteils dem reformierten Glaubensbekenntnis
angehörten. Die Ausübung der protestantischen Religion
erlitt seit dem Ende des Krieges keine Beeinträchtigung mehr, wozu
gerade die Schweizer Einwanderer ihr gut Teil beitrugen, denn das
Land brauchte Menschen, die es bebauten. Um die Wiederherstellung
eines geregelten kirchlichen Lebens hat sich der aus Willstätt stammende
Dichter und Pfarrer Johann Michael Moscherosch große Verdienste
erworben, besonders seit er 1656 zum Rat in der Regierung
zu Buchsweiler und zum Präsidenten des Konsistoriums ernannt
worden war.

Aber durch den Krieg hatte ein Gewächs bei uns Eingang gefunden
, das, jahrzehntelang verfolgt und verflucht, trotz alledem immer
mehr in Gebrauch kam und nun seit vielen Jahrzehnten das
wirtschaftliche Rückgrad der Landwirtschaft bildet: der Tabakbau
. Durch spanische Truppen war das „Tabaktrinken", wie man
damals sagte, ins Land gekommen, noch 150 Jahre später läßt Johann
Peter Hebel seinen „Zufriedenen Landmann" sagen: „Denkwohl, jetz
leng i au in Sack und trink e Pfiifli Rauchtubak." Die Prediger nannten
es „Höllenrauch", die Quacksalber sagten, es sei gehirnschädlich
und redeten vom Schnupftabak als vom „Soldatenkonfekt". Von
den Regierungen wurden Anbau und Genuß verboten, aber trotzdem
standen bald im Unterelsaß und in der nahen Pfalz die ersten Tabakkulturen
.

In Lichtenau wurde schon 1655 die kriegszerstörte Kirche durch
einen Neubau ersetzt, aber noch 1656 zählte das ganze Amt nur
etwa 260 Familien mit 1000 bis 1200 Einwohnern. Und noch 1670
standen in Lichtenau 32 Hofstätten leer, in Scherzheim 34, in Helm-
lingen 12, in Muckenschopf 5 und in Graueisbaum 10. Für die Abtei
Schwarzach gibt deren bedeutendster Chronist Abt Gallus
Wagner ganz ähnliche Zahlen für die Klosterdörfer. Und schon
zogen neue Kriegsgewitter über das Land. 1672 hatte Frankreich den
Krieg gegen Holland begonnen, wodurch der Große Kurfürst von
Brandenburg zum Eingreifen veranlaßt wurde, dessen Truppen durch
ihre barbarischen Untaten Furcht und Schrecken, besonders unter

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