Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 64
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1955/0066
1725 ließ die Regierung den Hauptwortführer Johannes Feldmüller
verhaften und in Hanau am Main eintürmen. Am 3. September 1726
machte er einen Fluchtversuch aus dem Gefängnis. Auf eine Schiefertafel
schrieb er: ,,422 Tage bin ich hier, Johannes Feldmüller, bis
3. September 1726." An die Wand seines Gefängnisses schrieb er:
,,Es gehet wie in Reineck Fuchs geschrieben: Wann die Wölf über
die unschuldigen Schafe klagen, so können sie nicht Recht finden,
wenn die armen Schafe über der Wölfe Bosheit klagen." Darauf
brach er die Ofenplatten aus und ließ sich mit Hilfe eines aus dem
Leintuch und dem Bettstroh geflochtenen Seiles den hohen Turm
herab. Aber das Seil riß, und er kam mit gebrochenen Gliedern wieder
ins Gefängnis, aus dem er erst nach weiteren Jahren als armer
und gebrochener Mann heimkehrte. Aber der Prozeß vor dem Reichshofrat
in Wien schleppte sich hin bis zum Jahre 1736, wo er dann
im Trubel des Polnischen Erbfolgekrieges unterging, der im Jahre 1733
auch unsere Heimat wieder zum Schauplatz von Durchmärschen,
Einquartierungen und Requisitionen machte.

Gerade aber in jenen Jahren erhielt die Gemeinde eine neue und
eigene Schule — uns Heutigen etwas Selbstverständliches, damals
bedeutete dies eine kulturelle Großtat. Uber die Umstände, wie der
erste „Schulmeister" zu seinem Amt kam, berichtet Pfarrer Müller
von Lichtenau: „Dieser Michel Peter Stieß ist etliche Jahre als ein
Kremp die Straße auf und ab gefahren mit einem Rössel und jebei-
zeiten zu Schertzen eingekehrt, wodurch er dann mit einigen, die
die Wirtshäuser fleißig besuchen, bekannt geworden, die ihm dann
zum Schulmeister verholfen." Er waltete nicht lange seines Amtes,
und schon 1731 berichtet uns die Chronik von seinem Nachfolger
Johann Hermann Brauns aus Engweiler im Elsaß, der so sehr dem
Trunk ergeben war, daß „kein Weibsbild, es sei ledigen oder ehelichen
Standes", vor ihm sicher war. 1749 wird der zwölf Jahre alte
Martin Waag als Schulmeister genannt.

Im Jahr 1736 starb mit Johann Reinhard III. das Geschlecht der
Grafen von Hanau-Lichtenberg im Mannesstamm aus, seine einzige
Tochter Charlotte Christine war verehelicht mit dem Erbprinzen
Ludwig von Hessen-Darmstadt, der als Landgraf Ludwig VIII. die
Regierung des Landes antrat. Es wurden dies die Eltern der ersten
Gemahlin des späteren ersten Großherzogs von Baden, Karoline Luise
von Hessen-Darmstadt. Mit dem Erlöschen der hanau-lichten-
bergischen Dynastie aber glaubten sich die Gemeinden aller Eidespflicht
ledig und verweigerten dem neuen Landesherrn die Huldigung.
Während in Lichtenau alle Bürger huldigten, taten dies von 56 in

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