Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 204
(PDF, 63 MB)
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haus, so wurde ihm besonders gedeckt. Zuerst aßen die Dienstboten
und dann der Bur und der „Meister" aus dem Städtlein (WK5).

Auf jedem Hof haben die Knechte ihr eigenes Eßbesteck. Rings
um den Tisch sind an der Wand lederne Riemen, in die jeder sein
Besteck steckt, nachdem es am Tischtuch abgeputzt wurde (P 49).

Wird man auf einem Bauernhof bewirtet, so muß man nach alter
Sitte dem Gastgeber „zutrinken". Dabei steht nur ein Glas auf dem
Tisch, das die Bäuerin vollschenkt und zuerst auf des Gastes Gesundheit
trinkt. Dann reicht sie es dem Gast. Hat dieser getrunken,
so füllt der Bauer das Glas, trinkt dem Gaste zu und gibt es ihm zu
Trunk und Gegentrunk (B 95). Auch im Wirtshaus bringt jeder Bauer
dem eintretenden Bekannten das Glas zu, damit er trinke (Sch I 45). —

Religiöser Sinn und fromme Denkart äußert sich zunächst im
täglichen Gebet. Morgens, mittags und abends betete man
gemeinschaftlich vor und nach dem Essen, den Blick auf die Bilder
am Herrgottspfosten gerichtet (B224). Das Abendgebet bestand von
Oktober bis Ostern in einem Rosenkranz und dem Salve Regina,
von Ostern bis zum Herbst wurde nur an Samstagen und am Sonntagabend
der Rosenkranz gebetet. Die Männer knieten dabei auf die
Bank, während die Frauen hinter ihnen standen (E 350 f., 379, ESch
215, P 271, AT 451). Bevor man die Stube verließ, nahm man das
Weihwasser aus dem am Türpfosten hängenden Kessel (Sch II 39,
AT 328). Auch beim Hüten und bei leichter Arbeit, z.B. beim Melken
, war es üblich zu beten (W 173). Zu Hansjakobs Knabenzeit war
es im mittleren Kinzigtal auf dem Lande allgemein Sitte, daß man
laut zum offenen Fenster hinausbetete. Gegen Ende des Jahrhunderts
fand Hansjakob diese Sitte noch bei den Schapbachern (A85).

Eine schöne, leider abgekommene Sitte war die Haussegnung.
Jedes neuerbaute Haus wurde geweiht und gesegnet; ein junges
Ehepaar ließ seine Aussteuer ebenfalls segnen. Als Hansjakob noch
in Hagnau wirkte, mußte er öfters Brautleuten den Hausrat segnen.
Er benützte dazu das alte Konstanzer Ritual, das die gewünschten
Segens- und Gebetsformeln enthielt (E 55 f., MM 21).

Mancher einsame Bauernhof hat eine eigene Hauskapelle (VW 24),
oder ein Kruzifix steht in seiner Nähe (Sch II 44). Bildstöcke und
Steinkreuze werden gerne zur Erinnerung und zum frommen Gedenken
errichtet. Manche von ihnen haben Inschriften, oder man
kennt diese Denkmale unter bestimmten Namen wie Bußbildstock
(Sch I 5), Räpple-Michels-Bildstock (Sch I 13), Bildstock der Bettelfrau
(Sch II 113), Schwobekriz (P 184); (vgl. auch Abschnitt „Volkssprache
"). Die Inschrift eines Bildstöckles meldet, daß hier im Mai

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