Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
35. Heft: 45 Jahre, 1910 - 1955.1955
Seite: 238
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der majestätischen Einfachheit verloren, und an ihre Stelle trat der
„musikalische Dilettantismus". Zweimal wird der Leiter der Schwarz-
acher Gesangschule, der Subprior und der P. Athanasius, als Gast
eines Singspieles in Schuttern genannt, um diese Neuheiten sicher
auch nach Schwarzach zu bringen. Ein alter Benediktiner hat damals
geklagt: ,,es muß jetzt ein sengerei mit vil stimmen sampt pfeifen
vnd mengerlei saiten spilen gehaldten werden"437).

Auch das Vorhandensein einer Kunstschnitzerschule in der
Schwarzacher Abtei ist verbürgt, aus der tatsächlich zahlreiche geschnitzte
Schränke hervorgegangen sind, deren älteste nach Mone
der Zeit von 1598 bis 1623 angehören. Leider sind sie in alle Welt
zerstreut, und nur ganz wenige Proben verblieben in Schwarzacher
Bürgerhäusern. Die Prachtstücke aber der Schule sind das vornehme
und doch so malerische Mobiliar des dämmerigen Mönchschores;
das mächtige, sehr „wertvolle" Holzkreuz, das das Chorgestühl einst
bekrönte, ist leider spurlos verlorengegangen438).

Eine unschätzbare Kostbarkeit der mittelalterlichen Abtei war ihr
Kreuzgang aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, von dem im
badischen Landesmuseum zu Karlsruhe noch 33 Stücke, meist Kapi-
täle und Basen, vorhanden sind. Sämtliche frühgotische Steinhauerarbeiten
sind aus weißem Sandstein und waren ehedem bemalt. Die
neueste Untersuchung konnte an 15 Stücken eine Bemalung feststellen
, wie orangefarbige phrygische Mützen, rot- und rosafarbige
Trauben, hellgelbe gerippte Blätter, auch rotbraune, Palmetten in
Rosa, Gelb und Weiß oder in Rot, Rosa und Weiß, Eckvoluten und
aufwärtsgedrehte Voluten in Weiß und Rosa, rosafarbige Diamantbänder
mit weißen Punkten und ein rotbraunes Pferd mit einem
Reiter in gelber Rüstung439). So war einst dieser Kreuzgang eine derartige
, hochkünstlerische Symphonie von Farbe und Form, von
dämonischen Dissonanzen und dem stillen Lied der Natur- und
Monatsbilder, daß in dieser Ausgestaltung nur ganz wenige in
Deutschland bekannt sind440).

Schwarzach hatte auch eine Bibliothek mit wertvollen Bänden und
Inkunabeln, wenn auch nicht in der Fülle von Reichenau, Murbach
und Schlettstadt. Auf jeden Fall macht uns der keineswegs lückenlose
Rundgang durch sein mittelalterliches Kloster nachdenklich und
erfüllt uns mit liebevoller Verehrung für diese verwehte Stätte
der Kultur.

"7) Trenkle, Uber die Musik in den ortenauischen Klöstern. Fr. Diöz.-Arch., 3.
4IS) Sauer, Die Abteikirche zu Schwarzach, II. Fr. Diöz.-Arch., Neue Folge, Bd. 6.

A. v. Schneider, Die plastischen Bildwerke des Badischen Landesmuseums, 1938.
4") Sauer, Die Abteikirche zu Schwarzach, I. Fr. Diöz.-Arch., Neue Folge, Bd. 5.

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